Autorenlob – vom Suchen, Finden und Danken

Autorenlob – vom Suchen, Finden und Danken

Das Konzept zum Bilderbuch Landtiere war ziemlich schnell und lange vor der Gründung des Eichhörnchenverlags klar und es stand immer auf drei Beinen: Fotografie, künstlerischer Verarbeitung in Form von Collagen und Text. Der passende Fotograf und auch die passende Künstlerin waren schnell gefunden, denn ich kannte sie schon, aber der/die Autor*in…?
Ich habe in der Zeit der Autorensuche selber geschrieben, um ein Gefühl zu entwickeln, wie die Texte aussehen könnten, aber obwohl ich viel und gern schreibe, ist das literarische Schreiben nicht meine Form. Keine eigenen Texte also. Welche Autoren kannte ich? Keine, die für Kinder schreiben. Neue Autoren finden und kennenlernen war das Mittel der Wahl und das war ein spannender, aber auch langer Prozess.
Manchmal war das auch ein frustrierender Lauf und irgendwo auf dem Weg, bemerkte ich meinem Freund Chris Somers gegenüber, dass die Arbeit mit Autoren noch schwieriger sei, als die mit Künstlern. (Es war einer dieser Tage, die alle kennen und auf die niemand stolz ist…)
Chris, der selbst Musiker ist, hatte er eine scharfe Beobachtung dazu. „Natürlich“ meinte er „Nur der [bildende] Künstler selbst kann seine Arbeit verändern. Dem Autor können seine wertvollen Worte von jedermann verändert werden.“ Das war in diesem Moment eigentlich gar nicht, was ich gemeint hatte und trotzdem ist es hängen geblieben, denn die grundsätzliche Beobachtung ist spannend. Wir – auch ich – kritisieren Texte anders als Bilder – oft übergriffiger. Es ist viel leichter einem Autor ein anderes Wort zu empfehlen, als einem Maler einen bestimmten Pinselstrich. Ich habe mir den Gedanken zu Herzen genommen, denn die Auswahl, Kritik und Bearbeitung von Bildern und Texten ist in einem Verlag Tagesgeschäft – in einem Bilderbuchverlag sowieso. Ich hoffe, dass meine Kritik an Bildern wie Worten immer als Teil eines Dialoges empfunden wird, stets gut begründet und fair vorgetragen ist. Ich werde im Übrigen wohl weiter darüber reflektieren, wie meine Kritik an unterschiedlichen Arbeiten zustande kommt und sich in ihrem Vortrag unterscheidet.

Inzwischen konnte für Landtiere übrigens ein Autor gefunden werden, dessen Dichtung für Kinder herausragend ist. Sein Schreiben ist hart, ungeschönt, klar und gleichzeitig voller Spiel, Rhythmus und Schönheit! Seine Herangehensweise ist ungewöhnlich, aber konsequent. Derzeit wird hinter den Kulissen also intensiv gearbeitet und mit Fingerspitzengefühl an der Perfektion gefeilt und ich hoffe sehr, dass ich euch die Früchte dieser Arbeit, und vor allem den wunderbaren Autor dahinter, in der nächsten Woche vorstellen kann!

Zuvor aber geht an dieser Stelle ein Dankeschön an all die Autoren, die den Weg bisher schon begleitet haben, die Kontakte hergestellt und ihre eigenen Texte der Kritik gestellt haben. Vielen Dank euch!

Warum also ist das Eichhörnchen im Logo des Eichhörnchenverlags blind? Warum trägt es eine Augenbinde?
Ich versprach euch im Beitrag vom 31. März, diese Frage zu einem späteren Zeitpunkt zu beantworten.
Wie das so ist mit Vorbildern und Modellen, auch sie sind nicht makellos und glatt gebügelt – Gott sei Dank, denn so bleiben sie Individuen! – und so könnte hier nun ein blindes Eichhörnchen Modell gestanden haben…
Es steckt aber noch etwas mehr dahinter. Eine geschätzte Kunsthistorikerin und liebe Freundin gab noch vor der (offiziellen) Gründung des Verlags den Rat, die Blindheit des Eichhörnchens unbedingt auch im Logo abzubilden. Recht hatte sie, denn in der Verbindung mit einem BILDERbuchverlag wird das Attribut Augenbinde und die dadurch symbolisierte Blindheit zu einer Betonung des Sehens selbst. Die Vorstellung vom Verzicht auf die visuelle Wahrnehmung soll den Betrachter anregen, über die Bedeutung des Sehens und sensueller Erfahrung im Allgemeinen zu reflektieren.


Die Augenbinde als solche ist ein Objekt, dass vielfältig bei verschiedenen Spielen zum Einsatz kommt. Zum Beispiel bei unterschiedlichen Varianten des Blinde-Kuh-Spiels oder beim Topfschlagen. Sie steht uns daher stellvertretend für kindliches Spiel und Entdeckerlust.
Überhaupt ist die Augenbinde auch (bild-)geschichtlich betrachtet ein starkes und durchaus positiv besetztes Symbol. Man denke zum Beispiel an Darstellungen der Justitia. Ihre Augenbinde soll ihre vorurteilsfreie, ohne Ansehen der Person geschehende Rechtsprechung anzeigen. Eine vorurteilsfreie Begegnung also, die auch jedem Kind zu wünschen ist.
Zu guter Letzt ist der Akt der Abnahme einer Augenbinde auch ein Akt der Befreiung, Bestandteil eines Prozesses des Entdeckens, Erkennens und Erkenntnisgewinns. Unsere Bücher sollen Kindern und Erwachsenen helfen, sich Räume zu schaffen, in welchen sie achtsam und liebevoll Zeit miteinander verbringen können, in welchen sie in den Bildern und Geschichten gemeinsam abtauchen oder über sie in Kommunikation kommen können. All das hilft uns letztendlich, sehenden Auges und zugewandt in das Leben und durch das Leben zu gehen.
Für die symbolische und zeremonielle Kraft des Abnehmens einer Augenbinde oder eines anderen sichtraubenden Stoffes finden sich übrigens auch Beispiele in Kunst und Geschichte.
Am südlichen Eingang zum Park Sanssouci in Potsdam etwa sitzen zwei Sphingen mit auf ihnen spielenden Putti. Links (bzw. bei der westlichen Figurengruppe) trägt einer der Putti noch einen Schleier über dem Gesicht, der ihm rechts (bzw. bei der östlichen Figurengruppe) abgenommen wurde. Die Sphinx greift ihm in das Haar und dreht seinen Kopf (dem Licht entgegen?). Auch ihr Gesicht wird von dem zweiten Putto in die gleiche Richtung geführt. Die beiden von Georg Franz Ebenhech in der 1. Hälfte des 18. Jhdts. geschaffenen Skulpturen sind eigentlich als Narration in zeitlicher Abfolge zu lesen. Betrachtet man sie also nacheinander – zuerst die linke und dann die rechte – wird deutlich, dass es sich hier ebenfalls um die Darstellung eines Erkennens- und Erkenntnisprozesses handelt, auch wenn dieser gewaltsam herbeigeführt wird. Das kindliche Spiel der Putti wird hier als blind und unbedarft dargestellt und durch Zwang unterbrochen. Wir werden daran erinnert, dass Erkennen manchmal auch ein schmerzhafter Weg ist und Erkenntnis ein verletzendes Ziel sein kann. Adrian von Buttlar und Marcus Köhler, die sich einer zusammenhängenden ikonologischen Deutung des Parks Sanssouci angenommen haben, interpretieren die Skulpturen als Darstellung eines freimaurerischen Initiationsritus.


Auch wenn die starke Fokussierung der Interpretation Buttlars und Köhlers auf Freimaurersymbolik im Park Sanssouci mitunter hinterfragt werden kann, sei ihre Publikation „Tod, Glück und Ruhm in Sanssouci. Ein Führer durch die Gartenwelt Friedrichs des Großen“ an dieser Stelle zur Lektüre und besonders als Begleiter bei einem sommerlichen Besuch im schönen Park Sanssouci in Potsdam empfohlen. Es lässt sich einiges entdecken!

Buttler, Adrian von; Köhler, Marcus: Tod, Glück und Ruhm in Sanssouci. Ein Führer durch die Gartenwelt Friedrichs des Großen. Ostfildern 2012.
(Zu den Sphingen: ebd., Seite 17 und folgende.)
erschienen im Hatje Cantz Verlag

 

Hier noch ein Link zu einer Pressemitteilung der SPSG und einer anderen Interpretation der beiden Sphingen als Darstellungen von Tag und Nacht.

Seit gestern Abend könnt ihr nun auf unserer Künstlerseite auch ein kurzes Portrait des Fotografen Thomas Lemnitzer lesen und einige der Fotografien betrachten, die für das Bilderbuch LANDTIERE entstanden sind.

Wir nehmen das zum Anlass, einmal Danke zu sagen, denn seit die Idee zur Gründung des Eichhörnchenverlags geboren wurde, haben bereits viele Menschen viel Zeit und kreative Energie investiert, ohne dafür bisher eine Gegenleistung erwartet oder erhalten zu haben.

Danke also zu allererst an Susanne Haun und Thomas Lemnitzer, die ihre Erfahrung und ihr Können um der Kunst und der Kinder willen bereitgestellt haben. Die Bilder, die durch eure Arbeit entstanden sind, sind großartig und inspirierend! An dieser Stelle sei auch einmal darauf hingewiesen, dass keines der Bilder, die der Eichhörnchenverlag für sein Bilderbücher verwendet in dessen Besitz oder Eigentum übergeht. Es handelt sich vielmehr um einen Transfer bestimmter Verwendungsrechte. Das bedeutet, alle Bilder – die ja auch eigenständige Kunstwerke sind – können von den Künstlern direkt erworben werden.

Dank auch an die Künstler und Grafiker, die jetzt schon an den nächsten Buchideen und an einem Logo für den Eichhörnchenverlag arbeiten, ihre Namen hier aber erst sehen möchten, wenn sie auch bereit sind, ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen. Hinter den Kulissen brodelt kreative Energie und das zu erleben ist befeuernd.

Dank an David Wischner für Rat und Tat unter anderem bei der Einrichtung und Betreuung der Homepage.

Dank an alle, die uns ihr Interesse schenken, die Rat geben, Kritik üben, Komplimente machen und Kontakte knüpfen. Besonderen Dank auch an jene Menschen, die bereits erste Bestellungen machen, denn dass euch unser erstes Buch schon heute so gut gefällt, dass ihr es mit euren Kinder, Kindeskindern und Freundeskindern… betrachten und lesen wollt, sobald es auf dem Markt ist, das ist nicht nur motivierend, sondern das Ziel und der Grund unserer Arbeit.

Danke!

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt