Die Geschichte von Tui-Tiu

Die Geschichte von Tui-Tiu

Märchenhaft wird es in unserem neuen Bilderbuch! Die Künstlerin und Autorin hinter der Geschichte von Tui-Tiu Gerda Kazakou und ihre ungewöhnliche und bewundernswerte Technik habe ich euch hier schon einmal vorgestellt, aber was ist das nun für eine Geschichte, die sie mit dem Eichhörnchenverlag in Buchform bringen wird?

Das Vogelkind Tui-Tiu möchte wissen, wo es herkommt und so erzählen seine Eltern von ihrer Liebe, von der Suche nach einem Nistplatz, vom Brüten und von der Freude über das schlüpfende Küken! Die Geschichte erzählt viel über die Liebe in einer Familie, über Geborgenheit und über die Zusammenhänge, in welchen wir leben, die uns im Kleinen wie im Großen prägen und Halt geben. Sei es in Form der Menschen, die uns umgeben, unserer unmittelbaren Umwelt oder des ganzen weiten Kosmos.

Die Geschichte von Tui-Tiu. Seite 3/4. (c) Bild und Text: Gerda Kazakou.

Die Klammer, in welche Gerda Kazakou die Geschichte von Tui-Tiu gesetzt hat, ist groß und umfassend und sie erreicht die kleinsten Kinder, weil sie das ganz Große im ganz kleinen Nest des Kükens sucht und erforscht, so wie unsere Kinder die Geborgenheit und Liebe in unseren Armen brauchen, um neugierig und mutig die Welt zu erkunden.
Gerda Kazakous künstlerische Technik jedes neue Bild aus immer den gleichen Schnipseln zu legen, ist ein starker visueller Anker, der die Betrachtenden ruhig bei sich behält. Ihre Farbwahl ist unaufgeregt, ausgeglichen und lässt uns zu uns kommen und durchatmen.
Auf sprachlicher Ebene begegnen den (Vor-)Lesenden an vielen Stellen die Silben Tui und Tiu. Sie formen den Namen des Kükens und verweisen gleichzeitig auf seine familiären und kosmologischen Zugehörigkeiten, denn sie finden sich an verschiedensten Stellen, auch in den Namen der Elternvögel, wieder und sind die Grundmotive des Gesanges der Elternvögel. Alles hängt zusammen. Dieses lautmalerische Element, macht die Geschichte von Tui-Tiu definitiv zu einem anspruchsvollen Vorleseerlebnis, dass zum klanglichen Spielen, zum Experimentieren und Tirilieren einlädt. Vor allem ist sie aber die Intonation von Zusammengehörigkeit, von dem Gefühl, sich bei anderen und in anderem selbst wiederfinden zu können und geborgen zu fühlen.

Die Geschichte von Tui-Tiu ist eine Geschichte zum Einkuscheln und Ruhe finden, eine Gutenachtgeschichte und eine Geschichte, um das eigene Küken unter die Flügel zu nehmen und mit Liebe zu füttern.

Vielen Dank, Gerda.

 

Die Geschichte von Tui-Tiu erscheint im Frühjahr 2018 und kann in unserem Onlineshop vorbestellt werden.

ISBN 978-3-9818726-2-0

Pappebuch, 18 Seiten (inkl. Umschlag)

Muss ich mehr sagen? Der Nikolaus hat uns ein Bande kleiner Monsterkinder in die Stiefel gesteckt und wir haben schon jede Menge Spaß damit!

Jetzt warten sie darauf, bei euch einziehen zu dürfen.

(hier geht’s zum Shop)

Einige Testleser hatten die Monster übrigens auch schon. Schwerwiegendster Kritikpunkt: Die Monster sehen gar nicht so gefährlich aus… unter den Weihnachtsbaum werden sie aber trotzdem gewünscht.

Es hat sich auch schon herausgestellt, dass die Monsterkinder nicht nur etwas für ganz kleine Kinder sind, sondern durchaus auch Grundschulkinder und Leseanfänger begeistern.

Es ist schon gut, dass wir keine Altersempfehlungen auf unsere Bücher drucken. Kunst ist immer für alle da!

Immer wieder merke ich an solchen Reaktionen auch, wie wunderbar vorurteilsfrei und direkt Kinder ihrer Umwelt begegnen. Ihr Feedback ist unschätzbar wertvoll und die Maraschino-Kirsche auf meiner Arbeit.

Zum Glück gibt es Kinder! 🙂

Seit dieser Woche nun trägt der Eichhörnchenverlag mit glückgeschwellter Brust sein Logo vor sich her. Antje Rother, die als Grafikerin für den Verlag tätig ist, hat es in einem geduldigen und einfühlsamen Prozess entwickelt und gestaltet.

Das Logo kombiniert Schrift- und Bildelemente. Ein Eichhörnchen klettert an dem Schriftzug „Eichhörnchenverlag“ entlang. Es trägt eine Augenbinde. Der Aufbau des Logos insgesamt und besonders die Gestalt des Schriftzugs ist stark vertikal orientiert. Die Integration der vertikalen Form – zum Beispiel auf der Homepage – ist eine Herausforderung, sie hat aber den entschiedenen Vorteil die Bewegung eines Eichhörnchens in allen drei räumlichen Dimensionen abzubilden. Der lang und hoch gestreckte Schriftzug verweist auf einen Baumstamm als zentralem Bestandteil des natürlichen Lebensraums eines Eichhörnchens, die Konturen der Buchstaben können als Zitat der Halt gebenden plastischen Struktur einer Baumrinde interpretiert werden.
Antje Rother hat das Logo in unterschiedlichen Farbkombinationen angelegt. Welche gefällt euch am besten und warum?

Es gibt viele gute Gründe, weshalb das Eichhörnchen zum Symboltier des Eichhörnchenverlags geworden ist. Die meisten Menschen – ob groß oder klein – empfinden Eichhörnchen als sympathische und niedliche Tiere. Ihr glattes, teils puscheliges Fell, dass in vielen verschiedenen Farben vorkommt, und ihre kleinen glänzenden Knopfaugen machen sie in unseren Augen zu schönen Tieren. Sie sind klein – geradezu handlich – und außer für einige Insekten, Kriechtiere und Vogelfamilien, deren Eier (und ja, auch Küken) sie gelegentlich stehlen, harmlos.
Eichhörnchen kommen gut allein zurecht und können sehr selbstgenügsam leben. Trotzdem kommt es vor, dass sie sich in kleinen Gruppen zusammenfinden. Diese sich verbundenen Tiere teilen weite Bereiche ihres Alltags und schlafen auch gemeinsam in einem Kobel. Hier beginnt die Vergleichbarkeit des Eichhörnchenlebens mit dem kindlichen Spiel. Kinder kennen viele Formen des Spielens. Manche Spiele spielen sie am liebsten allein, vielleicht beziehen sie ein neues Fundstück ein, vielleicht ein Buch, eine Puppe, Papier und Stift. Bei manchen Spielen genügt ein Kind ganz sich selbst. Andere Kinderspiele benötigen zusätzliches Personal. Sie werden mit Freunden und neuen Bekanntschaften, mit Eltern und Großeltern, mit allen möglichen Bezugspersonen gespielt. All diese Formen kindlichen Spiels sind wichtig und vor allem – wie jede Lebensform, die das Eichhörnchen gerade für sich gewählt hat – richtig.

Überhaupt können uns einige Eichhörnchenverhaltensweisen an unsere Kinder oder unsere eigenen Kinderspiele erinnern. Sein sprichwörtliches Bedürfnis zu Sammeln gehört wohl ebenso dazu, wie seine bewegungsfreudige Art, sich jeden vielversprechenden Baum, jedes interessante Stück Wiese zu eigen zu machen.
Natürlich sind Eichhörnchen keine Kinder und menschlich sind sie sowieso nicht. Sie sind Wildtiere zu denen wir einen den Eichhörnchen gerechten Abstand wahren müssen. Dennoch können wir uns Zeit nehmen, sie mit Aufmerksamkeit zu betrachten, wo immer sie uns begegnen und aus diesen Momenten Freude beziehen.
Mit unseren Kindern verhält es sich im Grunde ähnlich. Etwas mehr können und sollten wir für diese aber doch tun. Wir können ihnen mit unserer Aufmerksamkeit auch unsere Zuwendung schenken und ihnen die Liebe, Geborgenheit und Versicherung vermitteln, die sie benötigen, um sich frei und freudvoll zu entwickeln.
Der Eichhörnchenverlag möchte Bücher entwickeln, die genau für diese so wichtigen Momente Anlässe und Begleiter sein können.
Für den Eichhörnchenverlag ist sein Eichhörnchen darum in erster Linie ein kleines sympathisches Symbol für ein freundliches und achtsames Miteinander sowie für Spiel und Freiheit und wir hoffen, dass es das auch für unsere kleinen und großen Leser*innen und Betrachter*innen wird.
Und warum trägt unser Eichhörnchen eine Augenbinde? Darüber könnt ihr an dieser Stelle, aber zu einer anderen Zeit mehr lesen.

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Ich bin in der letzten Woche darauf angesprochen worden, weshalb Landtiere nicht als Bilderbuch ohne Texte erscheinen soll. Es seien doch so schöne und ausdrucksstarke Bilder, die für sich stehen können und es gäbe ohnehin viel zu wenige schöne Bilderbücher, die ohne Texte auskommen. Das hat mich nachdenklich gestimmt, denn natürlich stimme ich in Bezug auf die Kraft der Bilder von Susanne Haun vollkommen zu. Es ist ja auch letztendlich der Kern des Eichhörnchenverlags, mit Bildern zu arbeiten, die keine Texte brauchen, um sich voll zu entfalten. Es wäre auch ach so einfach, denn während die Bilder lange fertig sind, gestaltet sich die Suche nach den richtigen Texten für dieses Buch komplizierter und bestimmt könnten ein oder zwei Bilder mehr in das Buch Eingang finden, wenn wir die Texte wegließen.
Aber: Die geschriebenen und (vor-)gelesenen Worte haben eben auch Möglichkeiten und Qualitäten, die ganz andere sind, als jene der Bilder und doch gleichermaßen wertvoll. In Bezug auf Bilderbücher für Babys und Kleinkinder gehören dazu ganz entschieden klangliche Aspekte. Das Spiel mit Reimen, Rhythmus und Sprachmelodie ist verlässlich und aufregend gleichermaßen. Das Ausloten von sinnstiftenden Nuancen und Variationen mittels der Stimmmodulation macht Spaß und die immer wiederkehrenden Worte können anregen auf den narrativen Höhepunkt hinzufiebern, Spannung und Erwartung aufzubauen und im mitsprechen, mitsingen, mitjuchzen gleich wieder heraus zu sprudeln. Auch so entsteht Kommunikation, an der alle teilhaben können.
Bilderbücher, die ohne Texte auskommen, verlangen oft ein größeres Engagement von Erwachsenen, weil die Bilder eben nicht stumm sind, sondern erzählt werden wollen. Manchmal scheint es, zum Beispiel am Abend, wenn alle schon müde sind und es um die Wahl der Gute-Nacht-Geschichte geht einfacher, ein Buch zu wählen, das einem einen Text mit einem absehbaren Ende zum ”aufsagen” und ”abhandeln” vorgibt. Auch dieser Gedanke darf sein. Die persönliche Erfahrung sagt mir allerdings, dass es so oder so eine Frage der Überwindung des ”toten Punkts” ist. Nach den ersten zwei Seiten schwingt die Geschichte im textlosen Bilderbuch wieder munter ihren Lauf und der auswendig gekannte und aufgesagte Text in dem anderen Buch hat so viel gedanklichen Raum gelassen, dass etwas Neues im Bild entdeckt wurde, dass ein einzelnes Wort in eine neue Betonung gekleidet und zum Spielball wurde etc…
Beide Bilderbuchformen haben ihre besonderen Stärken und Reize – ebenso wie die ausschließlich oral tradierte Erzählung, die überhaupt kein Buch braucht übrigens.

Nach diesem langen Aufsatz soll euch nun Lieblingskinderbuch Nr. 2 nicht länger vorenthalten werden. „Gute Nacht, Gorilla“ von Peggy Rathmann ist 1994 in den USA und 2006 im Moritz Verlag in Deutschland erschienen und kommt mit ganz wenig Text aus, der im Grunde auch noch optional ist. Die Bilder im Buch haben mich stilistisch eigentlich nicht überzeugt, dafür aber sind sie voller kleiner Details, Nebenschauplätzen und Referenzen, die man nach und nach entdecken kann und die die Geschichte kontinuierlich und auf verschiedenen Ebenen lebendig und im Wandel halten. Auch sind die Figuren allesamt liebenswert und laden ein, sich in sie hineinzufühlen – besonders natürlich der kleine Gorilla.
Hier findet ihr eine ausführlichere Rezension des Buches.
Wie sind eure Erfahrungen mit textlosen Bilderbüchern, euer Umgang mit den Worten in Bilderbüchern und eure Bedürfnisse diesbezüglich? Schreibt uns eure Gedanken gern in die Kommentare, oder – wem das zu öffentlich ist – eine Mail. Es würde uns wirklich interessieren!
Ganz bestimmt wird es übrigens Bilderbücher ohne Texte im Eichhörnchenverlag geben. Das ist eigentlich nur eine Frage der Zeit.

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Peggy Ruthmann: “Gute Nacht, Gorilla” Moritz Verlag 2006 Frankfurt am Main. Titel.
Peggy Ruthmann: “Gute Nacht, Gorilla” Moritz Verlag 2006 Frankfurt am Main.
Peggy Ruthmann: “Gute Nacht, Gorilla” Moritz Verlag 2006 Frankfurt am Main.
Peggy Ruthmann: “Gute Nacht, Gorilla” Moritz Verlag 2006 Frankfurt am Main. Impressum.

Seit gestern Abend könnt ihr nun auf unserer Künstlerseite auch ein kurzes Portrait des Fotografen Thomas Lemnitzer lesen und einige der Fotografien betrachten, die für das Bilderbuch LANDTIERE entstanden sind.

Wir nehmen das zum Anlass, einmal Danke zu sagen, denn seit die Idee zur Gründung des Eichhörnchenverlags geboren wurde, haben bereits viele Menschen viel Zeit und kreative Energie investiert, ohne dafür bisher eine Gegenleistung erwartet oder erhalten zu haben.

Danke also zu allererst an Susanne Haun und Thomas Lemnitzer, die ihre Erfahrung und ihr Können um der Kunst und der Kinder willen bereitgestellt haben. Die Bilder, die durch eure Arbeit entstanden sind, sind großartig und inspirierend! An dieser Stelle sei auch einmal darauf hingewiesen, dass keines der Bilder, die der Eichhörnchenverlag für sein Bilderbücher verwendet in dessen Besitz oder Eigentum übergeht. Es handelt sich vielmehr um einen Transfer bestimmter Verwendungsrechte. Das bedeutet, alle Bilder – die ja auch eigenständige Kunstwerke sind – können von den Künstlern direkt erworben werden.

Dank auch an die Künstler und Grafiker, die jetzt schon an den nächsten Buchideen und an einem Logo für den Eichhörnchenverlag arbeiten, ihre Namen hier aber erst sehen möchten, wenn sie auch bereit sind, ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen. Hinter den Kulissen brodelt kreative Energie und das zu erleben ist befeuernd.

Dank an David Wischner für Rat und Tat unter anderem bei der Einrichtung und Betreuung der Homepage.

Dank an alle, die uns ihr Interesse schenken, die Rat geben, Kritik üben, Komplimente machen und Kontakte knüpfen. Besonderen Dank auch an jene Menschen, die bereits erste Bestellungen machen, denn dass euch unser erstes Buch schon heute so gut gefällt, dass ihr es mit euren Kinder, Kindeskindern und Freundeskindern… betrachten und lesen wollt, sobald es auf dem Markt ist, das ist nicht nur motivierend, sondern das Ziel und der Grund unserer Arbeit.

Danke!

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Kunst ist Sprache und gute Bilder sprechen deutlicher – auch zu Kindern!
Bildende Kunst ist Kommunikation, die visuell, manchmal auch taktil erfahrbar ist und mittels Farben, Formen, Materialien und Strukturen, Inhalte aufnimmt und vermittelt. Oft gelingt es dabei Werken der bildenden Kunst, ihre Betrachter emotional zu erreichen, wo Worte nicht weiter kämen. Gleichzeitig ist das Bild unverzichtbarer Übermittler rationaler Informationen, wie in zahlreichen Anleitungen und Lehrbücher nachvollzogen werden kann, die ohne Bilder oft vollkommen unverständlich wären.
Erreichen selbständige Kunstwerke auch Kinder in besonderer Weise? Ja. Als meine Tochter gerade ein Jahr alt war, nahm ich sie zum ersten Mal in eine Ausstellung mit. Es war die Schau Sprachspiel → ZEICHnung mit Susanne Haun. Da Susanne Haun in der Regel gegenständlich zeichnet, hatte ich gehofft, meiner Tochter einige Tiere zeigen und sie so bei der Stange halten zu können. Nicht erwartet hatte ich, das anhaltende Interesse, welches sie an der Ausstellung entwickelte. Immer wieder verlangte sie in den folgenden Wochen, mit mir in die Ausstellung zu gehen, die Bilder zu betrachten und darüber zu sprechen. Ein Lieblingsbild hatte sie auch bald gefunden. Es zeigt einen Schneegeier mit geöffneten Schwingen, den meine Tochter als Papagei las und immer wieder besuchen wollte.

Schneegeier – Zeichnung von Susanne Haun – 24 x 32 cm – Tusche auf Bütten (c) Susanne Haun.

Ein Jahr darauf waren wir wieder in einer Ausstellung, diesmal in der sehr vielfältigen Gruppenausstellung RaumZeitBegegnung – Geben. Nehmen. Wachsen. Die Exponate kamen von Künstlern und Laien, waren mal abstrakt, mal gegenständlich, bunt oder monochrom. In drei und zwei Dimensionen waren unterschiedlichste künstlerische Techniken zu bestaunen. Auch in dieser Ausstellung waren wir mehrmals – manchmal allein, manchmal in Begleitung. Auch hier fand meine Tochter bald ihr Lieblingsbild. Interessanterweise war es keines der vermeintlich kinderaffinen Bilder mit Tieren u. Ä., sondern eines des komplexesten, wichtigsten und auch besonders deutungsbedürftigen Werke der Ausstellung.

Flucht – Gemälde von Bernd Demmig – ca. 70 x50 cm (c) Bernd Demmig.

Das Bild „Flucht“ von Bernd Demmig zeigt Jesus Christus am Kreuz vor einer zum Teil brennenden, zum Teil von Leichenteilen und Dämonen bevölkerten Landschaft. Im Vordergrund links neben dem Kreuz stehen zwei in schwarze Mäntel gehüllte Personen, die wegen der Lanze in der Hand des einen als römische Soldaten gedeutet werden können. Rechts steht leicht abgewandt eine nackte Frau (Maria Magdalena). Der Titel des Bildes ist im Bild als Schild am Kreuz dargestellt.
Bernd Demmig hat Jesus Christus in diesem Bild nicht nur als Typus des Gekreuzigten in Szene gesetzt, sondern ihn auch in der Rolle eines Geflüchteten dargestellt, der im Verlauf seiner Flucht gefangen genommen und zum Tode verurteilt wurde. Das im Jahr 2016 entstandene Bild ist ein Kommentar und eine Mahnung über menschenwürdigen und menschenfreundlichen Umgang mit geflüchteten Menschen.
Mit meiner Tochter habe ich viele Male vor diesem Bild gestanden und versucht ihre vielen Fragen und ihre Durst nach Geschichten zu beantworten. Wir haben über die Person und das Leben Jesu Christi gesprochen, über Nägel, Verletzungen und Blut, über das Töten und die Frage nach dem Warum und auch sehr viel über Liebe und Trauer. Im Gespräch mit einer Zweijährigen ist es zugegeben nicht immer leicht, für diese Themen verständliche Worte zu finden, ihr Interesse daran war aber gewaltig und sie hat sie sich im Verlauf der wiederholten Bildbetrachtung, Bildbeschreibung und Erzählung auf ihre Weise erschlossen.
Die besonders anschauliche Qualität des Bildes hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Bis heute spricht meine Tochter aus der Erinnerung darüber, wenn wir zum Beispiel in einer Kirche sind und dort eine Darstellung des Gekreuzigten sehen.

Wer mehr über den Künstler Bernd Demmig erfahren möchte findet hier einen Artikel, welcher auch eine Fotografie des besprochenen Bildes in seiner Entstehung beinhaltet. Darüber hinaus ist der Eichhörnchenverlag gern bereit, einen persönlichen Kontakt herzustellen.

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Heute bin ich bei der Tagung „Bildung durch Bilder – Didaktische Perspektiven für Kunstwissenschaft, Deutsch und Geschichte“ vom DFG- Transferprojekt „Bildung durch Bilder. Erkenntnistransfer zwischen Hochschule und Schule“
Das Projekt interessiert mich, denn obwohl es sich eigentlich mit der Wissensvermittlung durch Bilder im schulischen Kontext beschäftigt, behandelt es auch Fragen, die im Grunde Menschen jeden Alters betreffen: Wie werden Informationen aus Bildern und Bildwerken bezogen? Wie kann der Zugang zu Bildern ermöglicht werden und wie können Kompetenzen vermittelt werden, um Bilder zu entschlüsseln, zu bewerten, einzuordnen und nutzbar zu machen?
Ich glaube außerdem, dass es wichtig ist, immer wieder zu Bewusstsein zu bringen, wie starke Kommunikationsmittel Bilder sind, da sie uns stetig in unserem Leben begleiten und beeinflussen – z. B. auch in Form von Werbung und Memes et cetera.

 
Nun aber daran anschließend zu den Aufgaben und den No-Gos für die Bücher des Eichhörnchenverlags:
Kinder lernen. Immer und überall. Der Eichhörnchenverlag hat sich vorgenommen, mit seinen Büchern keine bestimmten Lernziele zu verfolgen. Dieser Entschluss folgt zwei Gedankensträngen.
Der erste ist: Es ist unangemessen und unnötig Babys und Kleinkindern Kompetenzen vermitteln zu wollen, die sie in ihren momentanen Kinderleben überhaupt nicht brauchen. Wir (auch wir Eltern) müssen keinen Lernprozess vorwegnehmen aus Angst, die Kinder könnten irgendeinen Vergleich nicht bestehen, könnten eine Erwartung nicht erfüllen.
Der zweite Gedankenstrang ist der, dass es überhaupt nicht nötig ist, dass wir unseren Kindern irgendetwas beibringen, weil sie immer und überall lernen. Wahrscheinlich würde es sogar ausgesprochen schwer fallen, eine Umgebung zu schaffen, in der Kinder nicht lernen.
Bilderbücher sind selbstverständlicher und alltäglicher Bestandteil kindlicher Lernprozesse, aber für uns gilt: Wir müssen den Kindern mittels Bilderbüchern nichts beibringen. Sei werden in jedem Fall lernen! Sie werden z. B. Anhand eines Tierbilderbuches Begriffe und Kategorien von Tieren entwickeln, die sie auch an anderen Orten schon gesehen haben und sie werden Wissen um andere Tiere, die sie vielleicht noch nicht kennen, erlangen.

Zu den Aufgaben und Möglichkeiten der Bilderbücher des Eichhörnchenverlags gehören
– Freude spenden
– (Selbst-)Vertrauen schöpfen aus der zugewandten Kommunikation über dem Buch
– Anlass zu Kommunikation / Sprachbildung
– Begriffsbildung
– Wissensbildung
– so schön sein, dass es auch Erwachsenen leicht fällt, sich die Zeit immer und immer wieder zu nehmen

Nicht dazu gehören insbesondere: Angst machen, der moralische Zeigefinger (Moralische Werte müssen gelebt werden. Ihre Vermittlung kann von keinem Buch erwartet werden.) und Erwartungsdruck.

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Das derzeitige Titelbild der Verlagshomepage zeigt zwei Hasen im Grün. Susanne Haun hat die Hasen in Tusche gezeichnet und lediglich das sie umgebende Grün aus Teilen von Thomas Lemnitzers Fotografien zusammengefügt und nochmals überzeichnet. Sie hat dafür vorwiegend solche Bereiche der Fotografien gewählt, die wegen ihrer Unschärfe malerisch und diffus wirken. Die einzige Ausnahme ist das Blattfragment in der rechten oberen Bildecke. Hier wurde die Fotografie einer Fliege verwendet, die so scharf ist, dass wir nicht nur den Schatten des Insekts sondern sogar einzelne Poren des Blattes, die Lichtreflexe auf den Flügeln der Fliege und Haare auf ihrem Hinterleib erkennen können. Der Effekt ist, dass die Fliege auf dem Bild täuschend echt wirkt und den Betrachter in Versuchung führen kann, sie für lebendig zu halten.
Ich nehme dies zum Anlass, im weiten Feld der Künstleranekdoten zu stöbern und euch die besonders schöne Rolle, die die Fliege darin spielt, vorzustellen.

Beide folgenden Texte sind dem Reader einer Vorlesung entnommen, die Professor  Wolf-Dietrich Löhr im Wintersemester 2012/13 an der Freien Universität Berlin las. Wolf-Dietrich Löhr ist ebenfalls Urheber der hier zitierten deutschen Übersetzungen. Die Vorlesung war nicht nur lehrreich sondern auch ausgesprochen unterhaltend, weshalb der Reader einen Umzug und den Fortgang des Lebens überhaupt, im Bücherregal überlebt hat.
Der erste Text entstammt einer Biografie des bekannten Bildhauers und Architekten Gianlorenzo Bernini (1598 – 1680), verfasst von Domenico Bernini dem Sohn desselben.
Im Vergleich mit der Kunst wird die Fliege in dieser Erzählung zum Träger eines geschickt verpackten Gotteslobes.

Domenico Bernini, Vita del Cavalier Gio. Lorenzo Bernino, 1713, Cap. 2:
»Et una volta fatto avvenne certamente degno per ogni capo di racconto.
Terminata la mensa, furono presentati al Pontefice [Alessandro VII]
diversi Ritratti in Pittura, e in Lapis lavorati da più insigni Professori di
Roma in rappresentazione di lui, chì in profilo, chì di faccia, chì a sedere,
chì in piedi. Eranolo soliti di assistere, e far corona al Principe in
quell’hora i maggiori Virtuosi di Roma, de’ cui discorsi egli si pasceva in
divertimento non men nobile, che dilettevole delle sue cure. Frà essi
sempre vi erano il Cardinal Sforza Pallavicino, e’l nostro Cavalier
Bernino. Hor’alla comparsa de’ sopranominati Ritratti ciascun dicendo la
sua opinione di qual più simile paresse all’Originale, che era quivi
presente, sopravenne a caso una Mosca sù la Tavola del Papa. E in
appena vederla, Questa, disse il Bernino, è più simile al Papa nel più
forte, e nel più bello, che ogni qualunque muto Ritratto di virtuosissimo
Pittore. Alessandro, e’l Pallavicino, che penetrarono subito il profondo
senso del Cavaliere, applaudirono incontanente al suo detto e nobilissimi
furono gl’insegnamenti di Filosofia, che in lungo discorso quindi dedusse
il Cardinale, dimostrando la uniformità del moto, l’attitudine delle parti,
la proporzione delle operazioni, e la sensibilità degli organi esterni, &
interni, co’ quali negli occulti principii molto più si assomigliava quel
vivente Animaluccio a quel vivo Monarca, che ogni qualunque insensata
tela di ben disposti, ma morti colori. Il che fu sommamente gradito e
applaudito dal Pontefice, la cui mente più gioiva in apprendere il vero,
che in dilettarsi del vago.«

Domenico Bernini, Lebensbeschreibung des Ritters Gio. Lorenzo
Bernini, 1713, Kap. 2:
»Und einmal geschah etwas, das in jeder Hinsicht wert ist, erzählt zu
werden. Nachdem das Mahl [Alexanders VII, seines Hofes und seiner
Gäste] beendet war, wurden dem Papst verschiedene sowohl gemalte als
auch gezeichnete Bildnisse präsentiert, die von den berühmtesten
Vertretern der Malkunst in Rom ausgeführt worden waren und ihn teils
im Profil teils frontal, teils sitzend und teils stehend darstellen sollten.
Die größten virtuosi Roms pflegten damals zu solchen Stunden den
Papst zu begleiten und ihn gleich einem Hofstaat zu umgeben, und er
weidete sich in nicht weniger edler als vergnüglicher Ablenkung von
seinen Sorgen an ihren Gesprächen. Unter ihnen waren immer auch der
Kardinal Sforza Pallavicino und unser Ritter Bernino. Als nun beim
Erscheinen der genannten Bildnisse jeder seine Meinung sagte, welches
dem Urbild, das ja dort zugegen war, am ähnlichsten erscheine, kam
durch Zufall eine Fliege auf die Tafel des Papstes. Und kaum, dass er sie
gesehen hatte, sagte Bernino Diese ist, indem sie stärker und schöner ist,
dem Papst ähnlicher als jedes andere stumme Bildnis eines trefflichsten
Malers. Alexander und Pallavicino, die den tiefen Sinn [der Worte] des
Ritters [Bernini] sogleich durchdrangen, applaudierten umgehend seinem
Ausspruch und die Lehrstücke der Philosophie, die der Kardinal in einer
langen Rede daraus ableitete, waren von erhabenster Art und bewiesen
die Einheit der Bewegung, die Stellung der Teile zueinander, die
Verhältnismäßigkeit der Handlungen und die Empfindsamkeit der
äußeren wie inneren Organe, durch welche jenes lebendige Tierlein in
seinen verborgenen Prinzipien dem lebenden Monarchen viel mehr
ähnelte, als jede sinnenlose Leinwand aus gut verteilten, aber toten
Farben. Dies alles wurde aufs Höchste vom Papst gebilligt und gelobt,
dessen Geist sich mehr daran erfreute, die Wahrheit zu lernen, als sich am
Schönen zu vergnügen.«

(Löhr, Wolf-Dietrich: Begriffe in Bewegung. Künstleranekdoten als erzählte Kunsttheorie 1300-1700. Reader zur Vorlesung. Berlin, Freie Universität, Kunsthistorisches Institut, WiSe 2012/13, S. 16f.)

Die zweite Anekdote wurde von dem Florentiner Maler, Architekten und Autor Giorgio Vasari (1511 – 1574) in dessen Le vite dei più eccellenti architetti, pittori et scultori italiani (in einer wunderbaren kommentierten Übersetzung erschienen im Verlag Klaus Wagenbach: Alessandro Nova (Hrsg.): Giorgio Vasari, Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten. Deutsche Gesamtausgabe in neuer Übersetzung von Victoria Lorini, 45 Bände + Supplementband. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004–2015.) überliefert. Sie beschreibt den Maler Giotto di Bondone (1267 – 1337) als Meister seiner Kunst, der durch die Perfektion seiner Arbeit selbst in jungen Jahren schon das Auge seines Meisters täuschen konnte. Bei Vasari ist diese Anekdote in einem größeren Rahmen programmatisch zu verstehen, der mit den Viten auch eine kunstgeschichtliche Entwicklung aufzeichnet, als deren absoluten Höhepunkt er Michelangelo Buonarotti betrachtet. Giotto ist in dieser Erzählung der Anfang, der die ”alte Zeit” überwindet und jene (kunst-)historische Epoche einleitet, die wir heute Renaissance nennen. Löhr sieht ihn innerhalb der Erzählung Vasaris in der „Rolle des prophetischen Vorläufers“.
Die Fliege wird zum Symbol der künstlerisch-handwerklichen Fähigkeit Giottos und (mit den Augen Vasaris) auch der Überlegenheit der fortschrittlicheren neuen Kunst.

Giorgio Vasari, Le Vite …, [1586,] Vita di Giotto:
»Dicesi che stando Giotto ancor giovinetto con Cimabue, dipinse una
volta in sul naso d’una figura che esso Cimabue avea fatta una mosca
tanto naturale, che tornando il maestro per seguitare il lavoro, si rimise
più d’una volta a cacciarla con la mano pensando che fusse vera, prima
che s’accorgesse dell’errore. Potrei molte altre burle fatte da Giotto e
molte argute risposte raccontare, ma voglio che queste, le quali sono di
cose pertinenti all’arte, mi basti avere detto in questo luogo, rimettendo il
resto al detto Franco et altri.«

Giorgio Vasari, Lebensbeschreibungen …, [1568,] Leben des Giotto:
»Man sagt, dass Giotto als er noch jung war und bei Cimabue [in der
Werkstatt] war, einmal auf die Nase einer Figur jenes Cimabue derart
natürlich eine Fliege gemalt hatte, dass der Meister, als er zurückkam, um
die Arbeit fortzuführen, mehr als einmal ansetzte, um sie mit der Hand zu
verscheuchen, da er sie für echt hielt, bis er seinen Irrtum einsah. Ich
könnte noch viele weitere Scherze von Giotto und viele scharfsinnige
Antworten erzählen, aber es sollen diese genügen, welche von Dingen
handeln, die mit der Kunst zu tun haben, das übrige sei Franco
[Sacchetti] und den anderen überlassen.«

(Löhr, Wolf-Dietrich: Begriffe in Bewegung. Künstleranekdoten als erzählte Kunsttheorie 1300-1700. Reader zur Vorlesung. Berlin, Freie Universität, Kunsthistorisches Institut, WiSe 2012/13, S. 10f.)

Allen, die über solche und andere Künstlerscherze schmunzeln können, kann ich im Übrigen nur empfehlen, ins Museum zu gehen, zum Beispiel in die Berliner Gemäldegalerie! Dort findet ihr zahlreich solche gemalten Scherze und Kunstgriffe, wenn ihr nur genau hinschaut! Es erwarten euch verschiedene Insekten, Früchte, die aus dem Bild quellen wollen und Füße, die scheinbar aus dem Rahmen treten. Sie sollen uns die Kunstfertigkeit des Künstlers vor Augen führen, zeigen aber auch ihre Grenzen. Sie dienen uns – den Betrachtern – als Brücken und Einstiege in die gemalte Erzählung und laden uns ein, über die Relation von unserer erlebten Realität und der Bildrealität nachzusinnen! Für den literarischen Genuss kann ich außerdem die im Bild gezeigten Publikationen als Sammlungen erbaulicher Bonbons für Zwischendurch empfehlen…

Hasen. Collage (c) Susanne Haun.
Kuh mit Fliege. Collage (c) Susanne Haun.
Zum weiter lesen!

Und nicht nur um darauf rumzukauen, sie anzusabbern und in ihren Händen zu knicken. Sie lieben die Bilder wegen ihrer leuchtenden Farben, sie lieben die Motive – Tiere und Gegenstände, die sie auch aus ihrem Alltag schon kennen und an welchen sie ihre Begriffe schulen können. Sie lieben die vorgelesenen Worte, die ihnen vorklingen, was aus ihrem Gebrabbel einmal werden kann.

Das erste Lieblingsbuch eines Babys kann es schon einmal bis ins Kleinkindalter begleiten, spätestens dann wird es offenkundig, wie schade es ist, wenn ein Bild schlecht ist. Wer möchte seinem Kind erklären, dass der Schafsfuß fehlt, weil das Foto schlecht gephotoshopt ist? Wer möchte sagen, dieses komische Comicwesen, dass dir hier die Welt erklären will, soll ein Tier sein, aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, welches?

Und dann ist da ja noch die Zeit beim Bilderbücher betrachten, die ein Gefäß für Liebe, Zuwendung, Vertrauensbildung ist. Sie sollte genossen werden. Von allen Beteiligten! Darum müssen die Bücher so gut sein, dass sie uns wirklich immer und immer wieder verzaubern!

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt