Mehrwertsteuersenkung – Warum sich bei unseren Preisen nichts ändern wird.

Mehrwertsteuersenkung – Warum sich bei unseren Preisen nichts ändern wird.

Eine gemeinsame Erklärung von neunmalklug verlag und Eichhörnchenverlag

Das Coronavirus Covid-19 hält uns weiterhin beschäftigt. Die Bundesregierung hat “zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland” eine Mehrwertsteuersenkung für die nächsten 6 Monate beschlossen.

Doch was bedeutet das für uns kleine Verlage und unsere Bücher?

Wir haben uns darüber mit Charlotte vom neunmalklug verlag ausgetauscht und zusammen diesen Blogartikel verfasst.

Der Mehrwertsteuersatz bei Büchern:

Für Bücher gilt derzeit und wieder ab dem 1. Januar 2021 der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7%. 

Durch die Senkung wären es dann nur noch 5%. Das bedeutet, eines unsere Bücher, sagen wir mal “Die Kuh ruft Muuuh” aus dem neunmalklug verlag, würde nach einer Preisanpassung unter Berücksichtigung des neuen Mehrwertsteuersatzes statt 12,00 €  noch 11,77 € kosten. Das Buch “İDA’NIN YOLU / IDAS WEG“ aus dem Eichhörnchenverlag würde statt 16,00 € noch 15,70 € kosten.

Die Buchpreisbindung:

In Deutschland gilt die Buchpreisbindung. Das bedeutet jedes Buch hat einen festen Ladenpreis, den jede*r Händler*in einhalten muss. Jedes Buch kostet also überall genau das Gleiche. Dadurch sollen Preiskämpfe zwischen großen und kleinen Händler*innen vermieden werden.

Im Buchhandel wird immer mit dem (Brutto)-Ladenpreis gerechnet. Der Wiederverkäufer bekommt vom Verlag 25–50% Rabatt auf den Ladenpreis. Somit haben Bücher keinen richtigen Nettopreis – er lässt sich nur errechnen.

Preisänderungen:

Bringt ein Verlag ein neues Buch heraus, wird es dem VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher) gemeldet. Da das VLB als Preisreferenzdatenbank dient, muss ihm eine Preisänderung sofort gemeldet werden. Um es dem Handel einfacher zu machen, lassen die meisten Verlage (wie auch wir) die Preise direkt auf das Buch drucken. 

Ändert sich ein Preis nun, muss der Verlag die Änderung dem VLB sowie den Buchhändler*innen melden, die nun alle Exemplare des fraglichen Titels händisch umzeichnen (also mit dem neuen Preis auszeichnen) und den Titel im eigenen Webshop aktualisieren müssen. Den gleichen Aufwand müssen wir als Verlage mit direktem Vertrieb und eigenem Webshop natürlich auch betreiben.

Wir finden, das ist ganz schön viel Aufwand für ein paar Cent, der sich zudem verdoppelt, wenn die Maßnahmen in einem halben Jahr wieder rückgängig gemacht werden müssen.

Weitere Auswirkungen:

Durch die Anpassung unserer Buchpreise an den kurzzeitig gesenkten Mehrwertsteuersatz müssten wir außerdem unsere Datensätze bzw. die Software unserer Kassen, Warenwirtschaftssysteme und die Buchhaltungssoftware aktualisieren. Zudem würden sich unsere bewusst gewählten runden Preise wieder ändern.  

Mehr dazu z. B. hier: https://eichhoernchenverlag.de/2018/02/23/decision-making-runde-preise/

Und was machen wir nun?

Wir werden unsere Preise so lassen, wie sie sind. Wir glauben, die um einige Cent günstigeren Preise werden uns weder neue Buchkäufer*innen generieren, noch den Buchhändler*innen nützen, die mit der Umzeichnung der Bücher viel Arbeit hätten.

Leider werden sie trotzdem auch unsere Verlage nicht so reich machen, dass wir von unserer Verlagsarbeit allein leben könnten.

Wir sind kurzum der Überzeugung, dass unsere Energien und Ressourcen besser in unsere inhaltliche Arbeit zum Beispiel an unseren Herbstnovitäten investiert sind und hoffen, dass unsere Kund*innen diese Ansicht teilen.

In diesem Sinne freuen wir uns auch weiterhin auf den Austausch über und das Leben mit richtig guten Bilderbüchern, die ihren Preis wert sind.

Charlotte vom neunmalklug verlag und Nina vom Eichhörnchenverlag

Wer sich noch näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, den verweisen wir gerne auf die Seite des Carpathia-Verlags  https://www.carpathia-verlag.de/ (Danke, für die ausführliche Beschreibung unter: https://www.carpathia-verlag.de/blog/2020/06/09/mehrwertsteuersenkung-warum-unsere-buecher-trotzdem-nicht-billiger-werden/)

Titelbild: Martin Disteli: Der Schuldirektor und der Schulmeister. Kalenderbild (Ausschnitt), Karikatur, Lithografie, 1838. Aus der Sammlung der Zentralbibliothek Solothurn.

Schon bemerkt, dass wir mit der Ankündigung unseres neuen Bilderbuches Die Geschichte von Tui-Tiu auch eine neue Preispolitik eingeführt haben?
Ab sofort gibt es bei den Preisen der Bücher des Eichhörnchenverlags keine 90-, 95-, oder 99-Cent-Beträge mehr. Stattdessen erwarten euch nur noch schöne runde Euro-Beträge und höchstens einmal 50-Cent Beträge, zum Beispiel wie gehabt beim Versand.
Einige große Verlage haben dieses Preiskonzept mit unterschiedlichen Begründungen bereits für sich entdeckt und umgesetzt. Bei Oetinger zum Beispiel: heißt es „Die runden Preise entsprechen der Wertigkeit unserer Produkte und wir sind davon überzeugt, dass sie von den Kunden als klares Signal begrüßt werden“ (Thilo Schmid, Verlagsgruppe Oetinger). Manche Verlage verabschieden sich zunächst auch nur von den 99-Cent-Beträgen, um damit auch dem Buchhandel entgegenzukommen. (Mehr dazu hier und hier und hier)
Die großen Verlage haben gute Gründe für ihre Entscheidungen, die auch dem Eichhörnchenverlag einleuchten. Ausschlaggebend waren dann aber doch zwei andere Argumente.
Zum einen verkaufen wir unsere Bücher auch gelegentlich direkt auf Märkten und ähnlichen Veranstaltungen und da ist es für uns schlicht einfacher, wenn wir nicht auf den 10-Cent-Vorrat achten müssen. Auch haben wir gemerkt, dass der ganz große Teil der Käufer*innen bei diesen Gelegenheiten gern die 10 Cent als Trinkgeld da lässt und offenbar auch der Meinung ist, dass unsere Bücher das wert sind. Danke dafür! 🙂
Zum anderen wissen wir, dass die Pfennigfuchserei in den höheren Cent-Beträgen genau dies ist: eine Fuchserei. Die sogenannten gebrochenen Preise oder Schwellenpreise sind ein psychologischer Trick, um dem Kunden die Kaufentscheidung vermeintlich leichter zu machen. In Zeiten des Internethandels mag auch ein Rankingargument bei nach Preisen sortierten Listen in Onlineshops hinzukommen.
Nun ist es ohnehin nicht so, dass unsere Bücher zum klassischen Spontankaufsortiment gehören, aber darüber hinaus ergibt sich hier für uns eine Frage zu unserer Unternehmensphilosophie.
Der Eichhörnchenverlag soll ein weitgehend transparentes, aber vor allem nach allen Seiten hin, fair agierendes Unternehmen sein, dass ohne Tricks und Hintergedanken auskommt. Darum verabschieden wir uns nun mit zwei lachenden Augen von einem klassischen Hinweis aus diversen Wirtschaftsratgebern und freuen uns auf schöne runde Zahlen, die es uns leichter machen werden und auch nach allen Seiten hin fairer und ehrlicher sind.
Wie beurteilt ihr diesen Schritt, nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen Verlagen? Ich freue mich, wenn der/die ein oder andere Lust hat, in die Kommentare zu schreiben.