Tiere im Kinderbuch

Tiere im Kinderbuch

Denken wir an die Bücher unserer Kindheit zurück und überlegen, welche Charaktere es in ihnen gab, fällt auf, dass sich zahllose Tiere darunter befinden. Tatsächlich kommen nur etwa zehn Prozent aller Bilderbücher ohne tierische Figuren aus. Je älter dann die Zielpersonen eines Buches sind, desto weniger Tiere kommen vor. Bei Pippi Langstrumpf sind die Tiere zwar nicht die Hauptfigur, aber wichtige Begleiter mit spezifischen Eigenschaften. Bücher für Lesende in der Pubertät drehen sich dann stärker um die menschliche Identität und Identitätssuche. (1)

Dabei können die tierischen Buchhelden ganz verschiedene Funktionen übernehmen. Gerade in Märchen und Fabeln dienen sie als Symbole oder lehrreiche Beispiele. Als Hauptfiguren werden sie häufig anthropomorph, das heißt mit menschlichen Verhaltensweisen, dargestellt. (2) Auch können die Tiere Speziengrenzen überschreiten, zum Beispiel eine Beziehung zu Menschen eingehen oder ihre Gestalt wandeln, etwa wenn die Söhne des Königs in “Die sechs Schwäne” zum eigenen Schutz Tiergestalt annehmen müssen oder im Märchen “Vom Fischer und seiner Frau” ein verzauberter Prinz in Fischgestalt die immer weitreichenderen Wünsche einer Fischersfrau erfüllen muss.(3)

Generell lässt sich mit Tieren eine Geschichte leichter verständlich erzählen, die Kinder können sich mit den Tieren zugewiesenen Rollen leicht identifizieren. Die Distanzierung durch ein Tier regt zudem ihre Fantasie an. Dabei müssen die Autor*innen eine gewisse Verflachung und Klischierung durch die Konzentration auf eine bestimmte Eigenschaft in Kauf nehmen. Dies hilft Kindern aber, zum Beispiel mit Ängsten umzugehen und sich diesen zu stellen. Psychologen nehmen aus diesem Grund gerne Tiere als Beispiele, wenn sie mit Kindern arbeiten. (1)

Zudem fällt die Identifikation mit tierischen Helden leichter, weil man ihnen auf den ersten Blick bestimmte Eigenschaften zuordnen kann. Die Maus zum Beispiel ist klein, harmlos und niedlich und eignet sich daher hervorragend als Identifikationsfigur für kleine Kinder. Ob man hingegen einen Menschen mag, hängt von vielen komplexen Faktoren ab. (2)

In den 1970-er Jahren war diese Art der Darstellung umstritten, Rufe nach einer neuen, literarischeren, wenn man so will auch politischeren, aufgeklärteren Kinderliteratur wurden laut. Tierbücher galten damals als zu harmlos, um das zu vermitteln, was man damals Kindern vermitteln wollte. Gefragt war vor allem eine realistische Darstellung und Tiere sprechen in der „richtigen Welt“ nun mal nicht. (4) Diese Ansicht konnte sich nach einem Blick in neuere Kinder- und Bilderbücher aber nicht halten.

Auch im Programm des Eichhörnchenverlags finden sich viele Bilderbücher, in denen Tiere die Hauptakteure sind. Im Alltag vom KLEINEN LÖWEN WILLIAM erkennen Kinder ihren eigenen Alltag, in der GESCHICHTE VON TUI-TIU stellt sich die Frage nach der eigenen Herkunft und Familie und bei İDA’NIN YOLU / IDAS WEG ist das Reh Ida stellvertretend auf der Suche nach seinem eigenen Weg ist, den jedes Kind geht. Auch unser gerade erschienenes Bilderbuch MONSTER UND MAUS kommt nicht ohne ein kleines Nagetier aus.

Die ersten Bücher mit tierischen Helden, die wir liebten, waren übrigens bei mir ganz klassisch Die kleine Raupe Nimmersatt und später Bernhard und Bianca – Die Mäusepolizei (hier zeigte sich schon früh mein Faible für Krimis). Bei Nina waren es Piepmatz wie heißt du und Peter Hase. Mehr dazu könnt ihr auch hier lesen.

Beitragsautorin: Katharina Schulze

Quellen

(1) Hürlimann, Christa: Tiere in Kinderbüchern. Von mutigen Mäusen und ängstlichen Wölfen, 21. März 2019, unter: https://www.schweizer-illustrierte.ch/family/alltag/von-mutigen-mausen-und-angstlichen-wolfen (letzter Aufruf: 08.08.2022)

(2) Britta von Leseliebe: Warum Kinder Tiere (im Kinderbuch) lieben., unter: https://www.leseliebe.de/artikel/warum-kinder-tiere-im-kinderbuch-lieben (letzter Aufruf: 08.08.2022).

(3) Bartosch, Roman: Mensch und Tier in Kunst und Literatur., 1.12.2020, unter: https://www.bpb.de/themen/umwelt/bioethik/321737/mensch-tier-in-kunst-und-literatur/ (letzter Aufruf: 08.08.2022).

(4) Hahn, Karin: Ehrliche Freunde, kluge Ratgeber, listige Feinde., 25.10.2014, unter: https://www.deutschlandfunk.de/tiere-in-kinderbuechern-ehrliche-freunde-kluge-ratgeber.1202.de.html?dram:article_id=301386 (letzter Aufruf: 08.08.2022).

Wenn Eichhörnchen einen Tapetenwechsel brauchen, dann fahren sie manchmal in eine ungewohnte Stadt und erkunden ein bisher unbekanntes Museum. Diesmal: das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.

Vor einiger Zeit schon hatte ich von der aktuellen Ausstellung TIERE. Respekt/Harmonie/Unterwerfung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg gelesen und wollte sie unbedingt besuchen, auch mit Blick auf die Landtiere und meine Ansehung der, oft die Vorzeichen wechselnden aber eben doch wiederkehrenden, Beschäftigung verschiedener zeitgenössischer Künstler (unter ihnen auch Susanne Haun) mit dem Thema und Motiv Tier.

Es hat mich darum sehr gefreut, dass sich in dieser Woche nun die Gelegenheit zu einem Kurztrip ergab.

Die Ausstellung habe ich dann in Begleitung meiner dreijährigen Tochter besucht, was uns beiden viel Freude gemacht hat, auch wenn es für mich bedeutete, die Raumtexte kaum beachten zu können. Gemeinsam haben wir unsere Entdeckungen aus der Ansehung der Exponate heraus gemacht und viel Zeit im Gespräch vor ihnen verbracht. Das Museum kann sich darüber auch freuen, denn nun liegt die Begleitpublikation zur Ausstellung bei mir zu Hause und harrt der theoretischen Nacharbeit. Ich kann die Ausstellung wirklich mit und ohne Kind unbedingt empfehlen. Ich fand sie sehr ansprechend gestaltet, auch mit Blick auf die sicher nicht ganz einfache Zusammenstellung und Platzierung der sehr unterschiedlichen Exponate. Von genussvollem Augenschmaus zu schmerzvoller Gewalt ist das Spektrum der Mensch-Tier-Beziehung groß und wird gut abgebildet und hinterfragt. Durchaus nicht leicht verdaulich und trotzdem wunderschön!

Es gibt im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg natürlich noch einiges anderes zu entdecken. Wir waren später noch in der, ebenfalls bis Anfang März 2018 laufenden, Ausstellung BilderKatzenBilder woher diese Perle stammt, die uns beiden viel Freude gemacht hat und auch bei der Sammlung historischer Instrumente.

Danach waren wir beide dann doch ziemlich platt und fast wäre es auf der Treppe von den Schließfächern ins Foyer noch zu einem kleinen Eklat gekommen (sie wollte nicht mehr laufen und ich wollte nicht mehr tragen…), aber dann haben wir im Stein der Treppenstufen diese wunderbaren Einschlüsse gefunden, sind einfach eine Weile sitzen geblieben und haben neue Kraft geschöpft.