Spiel mit Formen – Wunderliches von Karoline E. Löffler

Spiel mit Formen – Wunderliches von Karoline E. Löffler

Kreis, Quadrat und Dreieck sind eine unternehmungslustige Bande und laden zu einem Abenteuer in die wandelbare Welt der Formen und Farben. Gemeinsam spielen sie Igel oder starten als Rakete ins All und wer weiß, was noch? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL von Fulya Gezer Bachmann ist ein Mitmachbuch, das auf allen Seiten viel Platz lässt, selbst kreativ zu werden. Es darf nach Herzenslust gezeichnet, gemalt und geklebt werden!

Wir haben einige Künstler*innen gebeten, ihr eigenes Spiel mit dem FORMSPIEL zu treiben. Die Ergebnisse stellen wir euch in unserer Blogserie „Spiel mit Formen“ vor.

“Das sieht nach mittelalterlicher Buchmalerei aus!” sagte Katharina, als sie Karoline E. Löfflers Bearbeitung des ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL zum ersten Mal in der Hand hielt. Gleich wusste ich, was sie meinte, obwohl ich doch selber kaum über nennenswerte Kenntnis dieser speziellen Kunstform verfüge und auch kein einziges beispielhaftes Referenzwerk hätte benennen können. Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild von wunderlich verwobenen Pflanzen und Fabelwesen, die auf den Rändern einer Buchseite einen Textblock umwandeln.

Ihr Ausspruch reichte mir zu einer weiteren Assoziation, nämlich der von Hieronymus Boschs Werk, dessen Fülle an groteskem Leben weltberühmt und unter anderem in Berlin in der Gemäldegalerie zu bestaunen ist. Auch ich bin vor diesen Bildern schon oft verweilt und da ich über die Tafel Johannes auf Patmos von Hieronymus Bosch einmal im Rahmen meines Studiums ein Referat gehalten habe, besitze ich auch ein paar Bücher über ihn, die ich nun zur Hand nehme.

Als erstes schaue ich in DuMont’s Künstlerlexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. Hierin heißt es: “B[osch]. war ein religiöser Maler mit einem starken Hang zur phantastischen, manchmal grotesk-satirischen Vision, zu pessimistischem Kommentar und mit großem Interesse für das Alltagsleben. Das machte sein Werk, das eine Einheit von Form und Inhalt darstellt, zu einer der letzten profunden Artikulationen mittelalterlicher Weltsicht.”1

In hieronymus bosch von Walter S. Gibson, erschienen in der Reihe Thames & Hudson world of art, finde ich eine Verbindung zur mittelalterlichen Buchmalerei: “Similar creatures had frolicked for centuries in the margins of illuminated manuscripts, and their grotesque shapes must have inspired Bosch’s own inventions.” heißt es darin.2 Hier finde ich auch einen Verweis auf ein mittelalterliches Manuskript, welches meiner eigenen diffusen Vorstellung der Buchmalerei dieser Zeit sehr entspricht. Es handelt sich um die Handschrift De Nobilitatibus, Sapientiis, et Prudentiiis Regum von Walter de Milimete von 1326/27. Hier könnt ihr es online erkunden.

Zuletzt nehme ich den voluminösen Band Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk von Stefan Fischer3 zu Hand und hier sehe ich meine Assoziation von Karoline E. Löffler zu Hieronymus Bosch bestätigt. Ein passendes Beispiel findet sich als Detail in dem Gemälde Die Versuchung des heiligen Antonius, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass die charmante Fröhlichkeit Karoline E. Löffler’s Figuren in krassem Kontrast zu der schmerzvoll und morbide erscheinenden Figur Bosch’s steht, der Vergleich an dieser Stelle also sein Ende findet.

ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL, S. 17/18 von Fulya Gezer Bachmann, bearbeitet von Karoline E. Löffler, 2023 (Detail).
Hieronymus Bosch, Die Versuchung des heiligen Antonius (Detail), 1502, Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon.

Karoline E. Löffler hat sich in ihrer Interpretation des ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL ganz dem freien Lauf ihrer Phantasie hingegeben. Gemeinsam mit Susanne Haun bestaune ich die perfekte Abstimmung ihrer gewählten Farben mit dem Buch. Auf den von ihr gestalteten Seiten stehen phantastische Gebäude und Gegenstände neben Vogelkreaturen, die der Natur nur die Idee eines geschnäbelten Wesens entnommen zu haben scheinen, um dann in eine Traumwelt auszuschweifen. Diese Vogelkreaturen haben es mir besonders angetan. Ihre runden Augen und Attribute, wie Stiefel und Hut lassen sie mir gewitzt und verspielt, auch fast schon menschlich erscheinen.

Gepunktete Linien, die ein fester Bestandteil Karoline E. Löfflers Bildsprache sind, geben ihnen Schmuck und einen Hauch von Tiefe und machen sogar Verbindung und Kommunikation sichtbar. Ich wüsste zu gern, wie die Sprache dieser beiden Lovebirds hier wohl klingen mag.

ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL, S. 17/18 von Fulya Gezer Bachmann, bearbeitet von Karoline E. Löffler, 2023.
ŞEKİL OYUNU – FORMSPIEL, S. 17/18 von Fulya Gezer Bachmann, bearbeitet von Karoline E. Löffler, 2023 (Detail).

Das Runde scheint mir im Übrigen auch bei Bosch eine ganz besondere Gewichtigkeit zu besitzen. Es findet sich als Strukturgeber auf Häuten und Gewändern, als fabelhafte Auswüchse an Pflanzen und Gebäuden, als erzählerisches Element in Form von Perlen, Beeren, Hüllen und Höhlen und manchmal auch als alles umfassende Form des Bildfeldes selbst. Seiner Relevanz und Bedeutung nachzugehen, ist aber eine Aufgabe für einen anderen Text und so verweile ich zunächst bei der einfachen Beobachtung.

Liebe Karoline, vielen Dank für diesen Einblick in deine kreative Fabelwelt sowie den Anstoß zur Reise in die europäische Kunstgeschichte und unsere ganz persönlichen, oft diffusen und doch irgendwie verbundenen Bildgedächtnisse! Es war und ist uns eine Freude!

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

1 Read, Herbert [Hrsg.]: DuMont’s Künstlerlexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. DuMont Buchverlag. Köln 1997, S. 74

2 Gibson, Walter S.: hieronymus bosch. Thames & Hudson world of art. London 2005, S. 57.

3 Fischer, Stefan: Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk. TASCHEN. Köln 2016.

Schon in der nächsten Woche geht es endlich los: Der Eichhörnchenverlag wird auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse vertreten sein. Natürlich ist jede Messe eine tolle Gelegenheit, neue Bücher zu entdecken, mit Leser*innen in Kontakt zu kommen und Kolleg*innen zu treffen. Gerade für uns als ein Verlag, der auf dem Land ansässig ist und bei dem auch viel Arbeit im Homeoffice erledigt wird, ist der persönliche Kontakt besonders wichtig.

Aber diese Messe ist noch mehr als das. Denn die vergangenen drei Jahre waren für viele kleine Verlage, den Buchhandel und viele andere Unternehmen, eine außerordentliche Belastung. Viel Sichtbarkeit ist uns verloren gegangen, was sich auch in unseren Verkaufszahlen niedergeschlagen hat. Generell hat der stationäre Buchhandel Umsatz eingebüßt. Im letzten Jahr sind durch den Krieg in der Ukraine auch noch die Energiekosten und Papierpreise gestiegen und die Logistik wurde vor neue Herausforderungen gestellt, was Entscheidungen teilweise erschwert hat und immer wieder Umdenken erfordert hat.

Kreativ und offen für neue Ideen sind wir geblieben und haben 2020 an der Onlinebuchmesse teilgenommen, um dem Messegefühl wenigstens ein bisschen nahezukommen. Wieder einen realen Messestand zu haben, ohne Einschränkungen tatsächlich mit anderen Menschen zusammen vor Ort zu sein, stellt ein Stück Normalität dar und gibt uns einen der schönsten Teile der Verlagsarbeit zurück.

Die Leipziger Buchmesse existiert übrigens schon seit dem 17. Jahrhundert, stellt das erste große literarische Event im Frühjahr dar und beinhaltet zudem das auch das Lesefestival Leipzig.

Ein besonderes Schmankerl sind dabei auch unsere Standpartnerinnen vom neunmalklug verlag, die mit ihren wundervollen Büchern ebenfalls mit von der Partie sind. Wir freuen uns also schon sehr auf den 27. April und hoffen, einige von euch dort auch live und in Farbe zu treffen.

PS: Meine letzte Messe war übrigens die Spielraum 2018 (Messe Dresden). Man ist seit dem viel passiert.

Beitragsautorin: Katharina Schulze-Bergner

Quellen

Ehling, Holger: Frankfurt – Die Mutter aller Buchmessen, 12.10.2011,

Unter: https://www.dw.com/de/frankfurt-die-mutter-aller-buchmessen/a-6015223 (letzter Zugriff: 19.04.2023).

Westerhaus, Friederike: Welche Bedeutung hat die Frankfurter Buchmesse für Buchhändler?, 19.10.2022, Unter: https://www.ndr.de/kultur/Welche-Bedeutung-hat-die-Frankfurter-Buchmesse-fuer-Buchhaendler,buchmesse548.html (letzter Zugriff: 19.04.2023).

Zielke, Kai: Buchmessen – Funktion, Angebot und Beispiele berühmter Buchmessen in Deutschland und weltweit, 26. Februar 2020, Unter: https://www.paradisi.de/kultur/buchmessen/ (letzter Zugriff: 19.04.2023).

Büchsenmann, Jens: Frankfurter Buchmesse: Wie steht es um Buchbranche?, 18.10.2022, Unter: https://www.ndr.de/kultur/buch/Frankfurter-Buchmesse-Wie-steht-es-um-Buchbranche,buchbranchevorbuchmesse100.html (letzter Zugriff: 19.04.2023).

Wie sind du und der Eichhörnchenverlag zusammengekommen?

Irgendwo stieß ich auf eine Ausstellung des Eichhörnchenverlags in Berlin und habe mir daraufhin die Verlags-Seite angesehen. Mir war das Konzept total sympathisch – Kunst im Bilderbuch – und ich war gerade auf der Suche nach einem Zuhause für meinen Potoschnik*. Daraufhin schrieb ich Nina an und bekam eine so wunderschöne Antwort und Reaktion auf meine Arbeit 🙂 Potoschnik war dann nicht unser Projekt – da dieser zu textlastig ist.
Bei einem wunderschönen und sehr sympathischen Atelier-Treffen und Kennenlernen haben Nina und ich dann Ideen gesammelt – und ich bekam völlig freie Hand für mein erstes Buch im Eichhörnchenverlag, was ein toller Vertrauensvorschuss und natürlich perfekte Voraussetzung für ein kreatives Arbeiten war.

Wie startest du mit einem (Buch-)Projekt?

Das ist sehr unterschiedlich – Ideen sind ja sehr eigenwillige Geister, die man nicht rufen und nur wahrnehmen kann. So kam z. B. die Idee zu UNTERWEGS irgendwie zu mir, als ich letztes Jahr auf der Rückfahrt von der Buchmesse nachts in Frankfurt strandete, da mein Nachtbus nach Berlin nicht kam. Back in Berlin musste ich dann erstmal ausschlafen und habe dann sofort ein Storyboard erstellt – dies ist aber wirklich nur eine Strukturierung der Abfolge und Seitenzahl etc. und lässt mir dann beim eigentlichen Zeichnen noch alle Freiheit. Manchmal brauche ich noch einige Zeit, um mir über das Format, die zeichnerischen Mittel u. ä. klar zu werden.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei dir aus? Wie hat Corona deine Arbeit verändert?

Corona hat mich verändert. 🙂 Meine Arbeit betreffend könnte ich das nicht genau definieren – vielleicht hat sich mein Blick mehr nach Innen gerichtet, um die Welt etwas auszublenden.
Einen normalen Arbeitsalltag gibt es nicht so ganz – ich arbeite noch 22 Stunden in einer Grundschule und versuche mir Zeiten einzuräumen, in denen ich wirklich Ruhe und Zeit finde für meine Zeichnungen. Das ist nicht immer ganz einfach und manchmal verbunden mit kleinen inneren Kämpfen… wenn ich gerade schwer vertieft bin, muss ich gleich los… und manchmal switched der Schalter im Kopf nicht so einfach um.

Wie bist du auf die Idee zum STADTSPAZIERGANG gekommen?

Die Idee einen Spaziergang durch eine Stadt zu illustrieren war schon lange bei mir – durch mein tägliches Erleben in Berlin, Erinnerungen an bereiste Städte… war meine eigentliche Idee, ein Leporello daraus zu machen. Da kam mir die oben erwähnte Freiheit für mein Bilderbuch sehr entgegen.
Eigentlich habe ich mich auch immer als Stadt-Mensch – was gerade kippt – wahrgenommen und bin fasziniert von den vielen Entdeckungen, die man spazierend so machen kann und dachte, bei all den Büchern über das Leben auf dem Bauernhof müsste ich die Landkinder in das Großstadtleben einführen.

Wie hast du die Figuren ausgesucht, beziehungsweise welche Einflüsse sind in die Figuren eingeflossen (Wohnumfeld, Reisen,…)?

Diese Frage habe ich wohl gerade oben mit- beantwortet. 🙂

Hast du eine Lieblingsfigur im Buch und wenn ja, warum?

Eigentlich nein.

Wie sieht deine künstlerische Technik aus? Kannst du sie etwas beschreiben?

Es macht mir sehr viel Spaß, Materialien zu mischen. Früher habe ich als Zeichnung immer mit Monotypien gearbeitet – seit einigen Jahren zeichne ich auch sehr gerne klassisch mit Bleistift. Mit Farbstiften, Aquarellfarben, Papierschnipseln oder Collage-Motiven bette ich meine Zeichnung dann in ihre Welt ein. Es hängt auch vom Thema der Geschichte ab, welche Technik mir passend erscheint. Der oben erwähnte Potoschnik ist nur mit Fineliner und Tusche in s/w gezeichnet.

Was ist das Besondere an diesem Buchprojekt? Gab es Unterschiede zur Entstehung des Bilderbuchs KLEINER LÖWE WILLIAM?

Den kleinen Löwen William habe ich vor Jahren für meinen Sohn Johann William – Sternzeichnen Löwe – gezeichnet. Da war die Idee, einen Tag mit all seinen kleinen Beschäftigungen und Rhythmen zu gestalten.
Der Stadtspaziergang war in der Anlage schon monumentaler (nicht nur das Format); hier musste ich erst mal den Straßenzug perspektivisch anlegen und habe dann wild erzählt. Die Seiten – wie erwähnt, sollte es ursprünglich ein Leporello werden – gehen auch ineinander über, was zu beachten war. Der kleine Löwe William spielt ja in einem ganz privaten Rahmen und beim Stadtspaziergang finden wir uns mitten im Leben auf den Straßen einer großen Stadt. Auch durch die Spielfiguren im Stadtspaziergang bekommt das Buch noch eine Dimension mehr – und wird eine kleine Bühne für die Geschichten der Kinder.

Die Fragen stellte Katharina Schulze.

Vielen Dank, liebe Karoline, dass du dir die Zeit für ihre Beantwortung genommen hast!

*Karolines Bilderbuch POTOSCHNIK ist später im Goldblatt Verlag erschienen.

Gerade erst ist der Herbst bei uns angekommen und doch fühlt sich Weihnachten gar nicht mehr so weit entfernt an. Wir freuen uns auf die Weihnachtszeit, Kerzenlicht, heimelige Buchabende und viele, viele Plätzchen – und einmal am Tag ein Türchen öffnen, um dahinter eine kleine Überraschung zu entdecken. Besonders als Kind habe ich es geliebt, jeden Morgen das aktuelle Türchen zu finden. Doch so lange ist diese Tradition noch gar nicht Teil der Vorweihnachtszeit.

Entstanden ist der Adventskalender im Laufe des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Die Vorläufer des uns bekannten Kalenders sind an vielen Orten gleichzeitig und in ganz verschiedener Form aufgekommen. In katholischen Familien wurde durch die täglichen Adventsandachten die Vorweihnachtszeit vertieft, in evangelischen Familien ging es eher um die Zusammenkunft mit den Familienmitgliedern. Hier wurden Bibelstellen vorgelesen, Verse aufgesagt, gebetet und Lieder gesungen. Um das Besondere und Festliche dieser Zeit hervorzuheben und auch um den Kindern die Wartezeit zu veranschaulichen und zu verkürzen, haben sich die Eltern unterschiedliche Methoden ausgedacht. (1) So wurden beispielsweise 24 Kreidestriche an eine Wand gemalt und ab dem 01.12. durften die Kinder jeden Tag einen davon entfernen. Auch gab es die Tradition, jeden Tag einen Strohhalm in die Krippe zu legen, damit das Christkind am Heiligen Abend ein gemütliches Bett hat. (2)

Mit der Himmelsleiter entwickelte sich in Österreich eine spezielle Form des Adventskalenders. Das Christkind bewegt sich jeden Tag eine Sprosse abwärts, um zu versinnbildlichen, dass Gott zu Weihnachten in seinem Sohn Jesus Christus auf die Erde kommt. Zum Ende des 19. Jahrhunderts gibt es vermehrt Weihnachtsuhren. Auf einer Scheibe waren 12 oder 24 Abschnitte markiert, in welchen je ein Liedtext oder Bild zu sehen war. Der Zeiger konnte dann jeden Tag einen Schritt nach vorn gestellt werden. (3)

Zur Jahrhundertwende gab es die ersten gedruckten Adventskalender. 1902 wurde der erste von einer evangelischen Buchhandlung in Form einer Weihnachtsuhr verkauft, 1904 kam der erste von Verleger Gerhard Lang gedruckte Kalender “Im Lande des Christkinds” auf den Markt. Dieser zeigte das Christkind bei den Weihnachtsvorbereitungen, hatte aber noch keine Türchen, sondern bestand aus zwei bedruckten Bögen mit jeweils 24 Textfeldern und Bildern. Die Bilder konnten ausgeschnitten und selbst auf den anderen Bogen aufgeklebt werden. Gerhard Lang gilt auch als Begründer des Adventskalenders und ließ sich immer wieder neue Kalender einfallen. Die Idee stammte aber wohl von seiner Mutter, die auf 24 nummerierte Felder Gebäckstücke aufnähte. Die damit empfundene Vorfreude wollte Lang weitergeben. (4)

Über die Jahre sprangen weitere Verleger auf den Zug auf und in den 1930-er Jahren waren Adventskalender in weiten Teilen Deutschlands verbreitet. Während des Nationalsozialismus sollten christliche Weihnachtsbräuche aus dem öffentlichen Leben gedrängt werden, was auch den Adventskalender betraf. Außerdem wurde der Druck von Bildkalendern als kriegsunwichtig eingestuft und Papier wurde im Verlauf des Krieges immer knapper. Da die Tradition aber so beliebt war, veröffentlichte das Hauptkulturamt der Reichspropagandaleitung der NSDAP den Kalender „Vorweihnachten“. In diesem Heft waren nationalsozialistische Weihnachtslieder, Rezepte für Sinngebäck und Bastelanleitungen für hölzernen Weihnachtsbaumschmuck in Runenform und Sonnenrädern versammelt. Es enthielt auch eine Anleitung für das „Weihnachtsgärtlein“, welches die Krippe unter den Weihnachtsbäumen ersetzte. Auch Ahnen – und Sippenforschung wurden thematisiert. (3)

Schon zu Weihnachten 1945 wurden aber wieder traditionelle Adventskalender gedruckt, wenn es den Betrieben möglich war. Der Adventskalender fand jetzt nicht mehr nur in Deutschland, der Schweiz und Österreich Verbreitung, sondern trat seinen Siegeszug weltweit an und wurde auch in Großbritannien und den USA verkauft. Von den heute in Deutschland gedruckten Kalendern werden mehr als die Hälfte ins Ausland verschickt. (1)

Damit verlor sich auch immer mehr die christliche Tradition dahinter und der Adventskalender wurde zu einem preisgünstigen Massenartikel. Motive waren oft romantische Weihnachtsszenen wie verschneite Städte oder andere weihnachtliche Bilder. Neben diesen Bildern und Sprüchen konnte man nun auch kleine Schokoladen hinter den Türchen finden, in Form von Glocken, Engel, Kerzen und Nikolausstiefeln. (5)

Mittlerweile hat sich der Markt aber noch deutlich vergrößert und es gibt auch frei stehende Adventskalender, der größte von ihnen in Leipzig, mit 875 Quadratmetern. Der teuerste ist der des Londoner Luxuskaufhauses Harrods, der 2010 eine Million Dollar wert war und unter anderem eine Designerküche enthielt. (3) Und auch in den digitalen Medien ist die Tradition angekommen. Virtuelle Adventskalender in Form von Hörbüchern mit 24 Geschichten oder Internetseiten, die jeden Tag einen Text oder einen Song bereitstellen, gibt es. Und auch Häuserfassaden werden genutzt, um auf die Vorweihnachtszeit einzustimmen. (5)

Wir haben gleich zwei wundervolle Adventskalender im Programm. Damit kann man sich jeden Tag sogar zweimal freuen.

Beitragsautorin: Katharina Schulze

Quellen

1. Adventskalender Geschichte, Unter: https://www.mein-adventskalender.de/adventskalender-geschichte/ (letzter Aufruf:10.09.2021).

2. Hebenstreit, Tanja; Toyka-Seid, Christiane: Die Geschichte des Adventskalenders, 01.12.2020, unter: https://www.hanisauland.de/wissen/kalender-allgemein/kalender/01dezember (letzter Aufruf: 10.09.2022).

3. Der Adventskalender – Die Geschichte und Entstehung, unter: https://www.adventskalender.de/der-adventskalender-die-geschichte-und-entstehung.html (letzter Aufruf:10.09.2021).

4. Autolny, Julia; Baum, Veronika; unter: Adventskalender – 24-fache Weihnachtsvorfreude, 01.12.2021, unter: https://www.br.de/kinder/adventskalender-wer-hat-ihn-erfunden-warten-weihnachten-kinder-lexikon-100.html (letzter Aufruf:10.09.2021).

5. Jeden Tag ein Türchen – Der Adventskalender verkürzt den Kindern die Wartezeit bis zum Fest, unter: https://www.dresden-online.de/news-lesen/adventskalenderfest.html (letzter Aufruf: 10.09.2022).

e

So richtig Gedanken darüber, dass sehr viele Kinderbücher auf dem Land spielen, habe ich mir seit einem Besuch bei der BuchBerlin vor einigen Jahren gemacht. Dort habe ich wunderschöne Bücher von Baobabbooks und Edition Bracklo entdeckt, die mir sehr im Gedächtnis geblieben sind. Sie zeigen Kinderalltag in der Stadt, fernab von Ferien und Bauernhofidylle. Und sie zeigen auch Städte, die nicht im europäischen Westen liegen und Einblicke erlauben, die viele von uns so sonst nicht machen könnten. In dem preisgekrönten Bilderbuch aus China Zähnchen, Zähnchen, auf das Dach geht es um einen Brauch aus China, Milchzähne auf Dächer zu werfen, damit ein Kind groß und stark wird und gleichzeitig auch um den Wandel in einem Stadtviertel, in dem man lebt. Das Buch Juju und Jojô begleitet die beiden Zwillingsgeschwister durch ihren Stadtalltag und bei der Entdeckung eines Jabuticababaumes, der direkt vor ihrem Haus wächst.

Dass so viele Bücher, gerade für kleinere Kinder, auf dem Land spielen, ergibt durchaus Sinn, denn Tiere, die dort leben, sind ein beliebtes Thema und bieten viel Raum zum Entdecken. Auch kann das Land ein Sehnsuchtsort sein, verbunden mit schönen Erinnerungen, Ferien und vielen Freiheiten, die der Alltag so nicht immer erlaubt. Auch unser Erstlingswerk LANDTIERE widmet sich diesem Klassikerthema der Bilderbücher.

Trotzdem bildet das Landleben nicht den Erfahrungshorizont der meisten Kinder wieder. Ein Großteil von ihnen lebt in kleinen und großen Städten und macht dort ganz andere Erfahrungen als Kinder, die im ländlichen Raum aufwachsen. Deshalb finde ich auch Bücher, die dies zeigen, ganz wunderbar. Sie bieten für diese vielen Kinder eine Identifikationsfläche, auf welcher sie ihre Alltagsabenteuer wiederfinden. Denn Wege, Eindrücke und die vielen Menschen, die in einer Stadt zu Hause sind, prägen die Erlebnisse der Kindheit anders als auf dem Land. Die Stadt stellt sich hier als Handlungsraum dar, die Kinder bewegen sich und agieren in den Straßen und zwischen den Häusern und die Stadt ist auch selbst Teil der Geschichte. Für mich machen „Stadtgeschichten“ die Kinderbuchwelt noch bunter und diverser und nehmen noch mehr Kinder mit auf viele wunderschöne Buchreisen.

Im Eichhörnchenverlag sind übrigens kürzlich gleich zwei Bilderbücher für junge Stadtpflanzen erschienen: STADTSPAZIERGANG und UNTERWEGS von Karoline E. Löffler. Habt ihr sie schon entdeckt?

PS: Wir sind auch in diesem Jahr wieder bei der BuchBerlin dabei. Besucht uns doch gern! Die BuchBerlin findet in diesem Jahr am 17. und 18. September in der ARENA Berlin statt. Tickets gibt es hier.

Beitragsautorin: Katharina Schulze

Denken wir an die Bücher unserer Kindheit zurück und überlegen, welche Charaktere es in ihnen gab, fällt auf, dass sich zahllose Tiere darunter befinden. Tatsächlich kommen nur etwa zehn Prozent aller Bilderbücher ohne tierische Figuren aus. Je älter dann die Zielpersonen eines Buches sind, desto weniger Tiere kommen vor. Bei Pippi Langstrumpf sind die Tiere zwar nicht die Hauptfigur, aber wichtige Begleiter mit spezifischen Eigenschaften. Bücher für Lesende in der Pubertät drehen sich dann stärker um die menschliche Identität und Identitätssuche. (1)

Dabei können die tierischen Buchhelden ganz verschiedene Funktionen übernehmen. Gerade in Märchen und Fabeln dienen sie als Symbole oder lehrreiche Beispiele. Als Hauptfiguren werden sie häufig anthropomorph, das heißt mit menschlichen Verhaltensweisen, dargestellt. (2) Auch können die Tiere Speziengrenzen überschreiten, zum Beispiel eine Beziehung zu Menschen eingehen oder ihre Gestalt wandeln, etwa wenn die Söhne des Königs in “Die sechs Schwäne” zum eigenen Schutz Tiergestalt annehmen müssen oder im Märchen “Vom Fischer und seiner Frau” ein verzauberter Prinz in Fischgestalt die immer weitreichenderen Wünsche einer Fischersfrau erfüllen muss.(3)

Generell lässt sich mit Tieren eine Geschichte leichter verständlich erzählen, die Kinder können sich mit den Tieren zugewiesenen Rollen leicht identifizieren. Die Distanzierung durch ein Tier regt zudem ihre Fantasie an. Dabei müssen die Autor*innen eine gewisse Verflachung und Klischierung durch die Konzentration auf eine bestimmte Eigenschaft in Kauf nehmen. Dies hilft Kindern aber, zum Beispiel mit Ängsten umzugehen und sich diesen zu stellen. Psychologen nehmen aus diesem Grund gerne Tiere als Beispiele, wenn sie mit Kindern arbeiten. (1)

Zudem fällt die Identifikation mit tierischen Helden leichter, weil man ihnen auf den ersten Blick bestimmte Eigenschaften zuordnen kann. Die Maus zum Beispiel ist klein, harmlos und niedlich und eignet sich daher hervorragend als Identifikationsfigur für kleine Kinder. Ob man hingegen einen Menschen mag, hängt von vielen komplexen Faktoren ab. (2)

In den 1970-er Jahren war diese Art der Darstellung umstritten, Rufe nach einer neuen, literarischeren, wenn man so will auch politischeren, aufgeklärteren Kinderliteratur wurden laut. Tierbücher galten damals als zu harmlos, um das zu vermitteln, was man damals Kindern vermitteln wollte. Gefragt war vor allem eine realistische Darstellung und Tiere sprechen in der „richtigen Welt“ nun mal nicht. (4) Diese Ansicht konnte sich nach einem Blick in neuere Kinder- und Bilderbücher aber nicht halten.

Auch im Programm des Eichhörnchenverlags finden sich viele Bilderbücher, in denen Tiere die Hauptakteure sind. Im Alltag vom KLEINEN LÖWEN WILLIAM erkennen Kinder ihren eigenen Alltag, in der GESCHICHTE VON TUI-TIU stellt sich die Frage nach der eigenen Herkunft und Familie und bei İDA’NIN YOLU / IDAS WEG ist das Reh Ida stellvertretend auf der Suche nach seinem eigenen Weg ist, den jedes Kind geht. Auch unser gerade erschienenes Bilderbuch MONSTER UND MAUS kommt nicht ohne ein kleines Nagetier aus.

Die ersten Bücher mit tierischen Helden, die wir liebten, waren übrigens bei mir ganz klassisch Die kleine Raupe Nimmersatt und später Bernhard und Bianca – Die Mäusepolizei (hier zeigte sich schon früh mein Faible für Krimis). Bei Nina waren es Piepmatz wie heißt du und Peter Hase. Mehr dazu könnt ihr auch hier lesen.

Beitragsautorin: Katharina Schulze

Quellen

(1) Hürlimann, Christa: Tiere in Kinderbüchern. Von mutigen Mäusen und ängstlichen Wölfen, 21. März 2019, unter: https://www.schweizer-illustrierte.ch/family/alltag/von-mutigen-mausen-und-angstlichen-wolfen (letzter Aufruf: 08.08.2022)

(2) Britta von Leseliebe: Warum Kinder Tiere (im Kinderbuch) lieben., unter: https://www.leseliebe.de/artikel/warum-kinder-tiere-im-kinderbuch-lieben (letzter Aufruf: 08.08.2022).

(3) Bartosch, Roman: Mensch und Tier in Kunst und Literatur., 1.12.2020, unter: https://www.bpb.de/themen/umwelt/bioethik/321737/mensch-tier-in-kunst-und-literatur/ (letzter Aufruf: 08.08.2022).

(4) Hahn, Karin: Ehrliche Freunde, kluge Ratgeber, listige Feinde., 25.10.2014, unter: https://www.deutschlandfunk.de/tiere-in-kinderbuechern-ehrliche-freunde-kluge-ratgeber.1202.de.html?dram:article_id=301386 (letzter Aufruf: 08.08.2022).

Wir freuen uns riesig, denn ich bin aus der Elternzeit zurück und wir sind wieder zu zweit im Verlag. Gefeiert haben wir das mit einem kleinen Fotoshooting in der wunderschönen Sommersonne. Auf Instagram könnt ihr noch mehr Bilder bewundern.

Viel ist passiert in den fast 1, 5 Jahren, in denen ich weg war. Mein großes Kind ist noch viel tiefer in die Welt der Bilderbücher eingetaucht. Das liebste Buch aus dem Eichhörnchenverlag ist unser Spiel-Bilderbuch STADTSPAZIERGANG, weil es in diesem einfach so viel zu entdecken gibt. Und weil auch Autos darin zu sehen sind und das Kind dafür, ganz im Gegensatz zur Mama, ein großes Interesse entwickelt hat. Das Kleine liebt besonders den Klassiker LANDTIERE und erkennt darin sogar den Hund von Oma und Opa wieder.

Im Verlag ist neben dem Stadtspaziergang noch das Bilderbuch UNTERWEGS von Karoline E. Löffler erschienen und es schwirren noch ganz viele Ideen in den Köpfen herum, die langsam Gestalt annehmen. Es wird in diesem Jahr also noch einige Neuerscheinungen geben, die darauf warten, von euch entdeckt zu werden. Ich bin jedenfalls schon mächtig gespannt auf all die kommenden Projekte, Gespräche und Veranstaltungen und freue mich wahnsinnig, wieder dabei zu sein.

PS: Besucht uns doch live und in Farbe auf der BuchBerlin und bei Schöne Bücher Potsdam. Wir sind dabei.

Beitragsautorin: Katharina Schulze

Als wir im Mai auf unserem Blog von der Odyssee des STADTSPAZIERGANG berichteten, rangen wir noch mit uns.

Hin- und hergerissen waren wir zwischen dem Wunsch, immer perfekte Bilderbücher für euch zu machen und dem gleichzeitigen Widerwillen dagegen, eine ganze Auflage eines fabelhaften Buches wegen eines kleinen Fehlers zu vernichten und dieses Buch womöglich niemals wieder zu verlegen.

Jetzt ist die Entscheidung gefallen und der STADTSPAZIERGANG von Karoline E. Löffler ist endlich da!

Mit Kurven, vor allem aber mit zauberhaften Stadtszenen voller erzählender Bildmomente kann das Spielbilderbuch als preisreduziertes Defektexemplar (auch von Buchhandlungen) direkt über den Verlag bezogen werden.

Schon erreichen uns die ersten Rückmeldungen von kleinen Kindern, bei denen der STADTSPAZIERGANG als neues Lieblingsbuch jede Nacht neben dem Bett liegen muss und größeren Kindern, die mit diesem Buch das Erzählen, sogar das Erzählen in einer für sie neuen Sprache entdecken und wir wissen, wir haben uns richtig entschieden.

Übrigens: STADTSPAZIERGANG ist nicht unser einziger Neuzugang! Ebenfalls brandneu und von Karoline E. Löffler ist UNTERWEGS. Ein Silent Book und freundlicher Begleiter für all die kleinen und großen Wege und Reisen im Leben inklusive all ihrer Unabwägbarkeiten, Spannungsmomente und Freuden! Außerdem debütiert Claudia Brüggemann als Kinderbuchautorin und -illustratorin mit einem spritzigen, herrlich absurden und liebevoll einfühlsamen Dialog zwischen MONSTER & MAUS.

Schon entdeckt?

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Die besten Bilderbücher sind oft jene, die aus einer spontanen Eingebung der Künstler*innen und Autor*innen entstehen.

Das war bei KLEINER LÖWE WILLIAM von Karoline E. Löffler, welches es sogar auf die Longlist der Schönsten Deutschen Bücher 2021 der Stiftung Buchkunst schaffte, schön zu beobachten.

Mitten aus dem Leben gegriffen erscheint nun ein weiteres Silent Book der Künstlerin im Eichhörnchenverlag: UNTERWEGS.

Kennt ihr das, auf Reisen oder eben einfach von einem Ort zum anderen unterwegs zu sein und plötzlich würfelt das Leben eure geplanten Wege durcheinander? Busse und Bahnen fahren nicht dort, wo sie fahren sollten oder zu ganz anderen Zeiten, die sonst omnipräsenten Taxis scheinen auf einmal wie vom Erdboden verschluckt, das Fahrrad hat einen Platten und eure Navi-App versteht nicht, was ihr von ihr wollt? So ähnlich erging es Karoline E. Löffler, als sie sich nach ihrem Besuch an unserem Stand auf der Frankfurter Buchmesse 2021 auf den Weg nach Hause in Berlin machen wollte. Aus einer einfachen und gut geplanten Fahrt wurde eine lange und spannende Nacht mit anschließendem Spaziergang durch ein erwachendes Berlin.

Wenn Reisepläne sich unerwartet wandeln kann das ziemlich stressig sein oder auch eine aufregende Gelegenheit, das Spontane zu erkunden. Für Karoline E. Löffler war es Inspiration, das besondere Gefühl des Unterwegsseins zu erkunden, die schöne Schwebe des Transits zu kosten.

Denn: Wir sind es fast jeden Tag, mal länger, mal kürzer, mal gern und manchmal widerwillig, allein oder zusammen, mit oder ohne Ziel. Unterwegs.

Auf 10 Seiten werden wir in UNTERWEGS stille Begleiter fantastischer Wesen. Gehen mit ihnen von Buchstabe zu Buchstabe von einem Ort des Dazwischen zum nächsten.

Wohin sind sie, wohin bist du unterwegs?

Wir freuen uns sehr auf UNTERWEGS als einem Bilderbuch für kleine und große Menschen, die die kurzen und langen Wege im Leben lieben und als Reisebegleiter, mit dem wir unsere erlebten Abenteuer noch einmal nachfühlen und neue Pläne schmieden können!

UNTERWEGS von Karoline E. Löffler erscheint vorraussichtlich im Sommer 2022 und ist jetzt vorbestellbar.

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt

Einige von euch fragen sich sicher längst, wann endlich unser für 2021 geplantes Spielbilderbuch STADTSPAZIERGANG von Karoline E. Löffler erscheint. Vielleicht habt ihr schon entdeckt, dass es momentan gar nicht mehr bestellbar ist? Es ist eine lange Geschichte von einer schwierigen Reise…

Die Geschichte des STADTSPAZIERGANGs beginnt im Jahr 2018, als Karoline E. Löffler und ich uns zum ersten Mal trafen. Die Idee eines Bilderbuchs mit Stadtszenen, wie die Künstlerin, wie wir alle sie täglich erleben können, wenn wir durch die Städte unserer Wahl streifen, war schnell geboren. Wir wollten ein Bilderbuch, das das Leben in seiner Mannigfaltigkeit abbildet. Wir wollten die unterschiedlichsten Menschen in den unterschiedlichsten Umständen und Situationen darstellen. Die ersten Entwürfe waren bald erarbeitet.

Dann wollten wir noch weiter gehen. Wollten ein Bilderbuch, welches die Kinder nicht nur betrachten, sondern in welches sie eintauchen, in welchem sie ihre eigenen Lebenswelten nachempfinden, nachspielen könnten. So wuchs das Format (Der STADTSPAZIERGANG hat ein Format von 22 x 50 cm.) und die Idee von Spielfiguren und einem Spielbilderbuch war geboren.

Neun Personen – Kinder und Erwachsene – stellten uns Fotos von sich zur Verfügung, die als Zeichnungen genau jene charmant-lebendigen Figuren wurden, die wir uns für das Buch gewünscht hatten. Darüber hinaus entstanden einige Blankofiguren, damit jedes Kind später die Möglichkeit bekommen sollte, sich selbst oder eben eine Figur nach der ganz eigenen Vorstellung durch unsere fiktive Stadt spazieren zu lassen.

All das war ein langer Prozess, der nun längst abgeschlossen ist und wir sind zufrieden und stolz auf das Ergebnis, ABER:

Neben der inhaltlichen Entwicklung gilt es immer auch deren physische Umsetzung zu planen und die hatte es mit dem STADTSPAZIERGANG in sich. Wir sind froh und dankbar, mit der Druckerei Sachsendruck in Plauen einen Partner an unserer Seite zuhaben, der viel Erfahrung mitbringt, für das Medium Pappebuch brennt und immer bereit ist, auch die ungewöhnlichsten Vorschläge zu berücksichtigen und auszuprobieren. Zum Beispiel auch bei unserem Pappebuch WINDKIND, bei welchem wir unterschiedliche Kartonsorten verarbeiten und ihm so seine besondere Form zwischen Bilderbuch und Lyrikbuch geben konnten. Danke dafür! Und trotzdem war es kein leichter Weg. Zuerst dachten wir daran, ein Leporello zu machen. Das war aber wegen fehlender Maschinen für solch ein großes Format bald verworfen. Auch eine klassische Pappebuchbindung kam in der gewünschten Größe nicht infrage. Eine Drahtkamm- oder Wire-O-Bindung war genau das, was wir brauchten. Diese Bindung überzeugte uns, neben der Machbarkeit, wegen der großen Flexibilität. Unser 8-seitiges Pappebuch konnte damit tatsächlich vollständig aufgeklappt und zum Spiel als Kulisse aufgestellt werden. Die Stabilität der Seiten stellte uns trotzdem noch vor eine Herausforderung. Bei klassischen Pappebüchern werden immer zwei Kartonseiten gegeneinander geklebt, um so ein stabiles Blatt mit zwei bedruckten Seiten zu erhalten. Dieser Vorgang des Verklebens heißt Kaschieren. Mit diesem Verfahren erhalten wir in der Regel stabile Pappebücher, die für alle Anforderungen in den Händen kleiner Kinder gut gewappnet sind. Mit zunehmender Länge der Seiten werden diese aber trotzdem relativ flexibel oder weicher und wir beschlossen, eine dritte Pappe in die Seiten einzuarbeiten, ein Rückgrat gewissermaßen. Dies ist ein Verfahren, welches wir übrigens auch bei İDA’NIN YOLU / IDAS WEG angewandt haben. Dort allerdings wegen des kleineren Formats, mit geringerem Aufwand und auch aus anderen Gründen, die hier beschrieben sind. Sowohl für die Kaschierung im Format des STADTSPAZIERGANGS als auch die Wire-o-Bindung hat unsere Druckerei nicht die passenden Maschinen. Externe Unternehmen wurden darum beauftragt und genau da, ist nun das passiert, weshalb es den STADTSPAZIERGANG immer noch nicht im Handel gibt.

Die kaschierten Seiten haben sich gebogen. Natürlich war vor dem Druck ein Test durchgeführt und ein Dummy hergestellt worden. Kaschiert, geschnitten und gebunden, aber eben in Weiß, sah damit zunächst alles gut aus. Als die bedruckten Seiten aus der Kaschierung zurückkamen, war es dann aber doch anders. Sie alle sind gewellt.

Und nun? Wir wissen es nicht. Unsere Partner versuchen derzeit alles, um den Fehler zu beheben, ob das gelingt, wissen wir nicht. Sollte es nicht gelingen, könnten wir die gesamte Auflage nur als Defektexemplare mit ungewissen Aussichten auf Verkauf fertigstellen. Andernfalls wird der STADTSPAZIERGANG in der Form, auf die wir fast vier Jahre hingearbeitet haben, nie erscheinen. Es ist eine Entscheidung, die uns nicht leicht fällt.

80 Exemplare des STADTSPAZIERGANGs wurden übrigens trotzdem schon gebunden und zum Teil an jene Menschen verschenkt, die an der Entstehung desselben bis hierhin maßgeblich beteiligt waren. Sie wurden mit neugierigen und freudigen Händen entgegengenommen und es sind fraglos wunderschöne Spielbilderbücher, auf die wir stolz sind und an denen wir viel gelernt haben, es sind aber unleugbar auch krumme Hunde.

In unserer Gesellschaft haben es krumme Gurken schwer und ich fürchte, auch krummen Büchern geht es nicht anders. Was meint ihr? Würdet ihr einem krummen Hund ein Zuhause geben?

Beitragsautorin: Nina A. Schuchardt